21.02.2022 – Kategorie: Digitale Transformation

Wertschöpfungspartner: So klappt es mit dezentralen Fertigungsplattformen

WertschöpfungspartnerQuelle: SvetaZi / Shutterstock.com

Dezentrale Fertigungsplattformen bergen große Potenziale – auch für den 3D-Druck. Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und -integrität hemmen jedoch die Bereitschaft von Wertschöpfungspartnern, an solchen Plattformen teilzunehmen. Der Beitrag zeigt, wie Blockchain-Technologie und Smart Contracts diese Herausforderung adressieren.

Die digitale Vernetzung von Wertschöpfungspartnern stellt einen zentralen Erfolgsfaktor in dynamischen Wirtschaftssystemen dar und nimmt stetig zu. Einer der Nutzenaspekte dabei ist, dass Angebot und Nachfrage durch eine gesteigerte Transparenz schneller aufeinander abgestimmt werden können. Die Kooperation durch Wertschöpfungspartner erfolgt bereits heute in Teilen über Fertigungsplattformen.

Der Nutzen der Wertschöpfungspartner

Anbieter wie Xometry oder Hubs unterstützen den Wertschöpfungsprozess, indem sie eine dezentrale Abwicklung von Fertigungsaufträgen unter Rückgriff auf externe Ressourcen ermöglichen. Die Besonderheit solcher Verhandlungs- und Betreiberplattformen spiegelt sich in der Einfachheit der Auftragsabwicklung sowie der Erschwinglichkeit für alle Nutzer wider: Der gesamte Auftragsabwicklungsprozess von der Verhandlung über die Produktion bis zur Lieferung und Zahlungsabwicklung wird weitestgehend über einen virtuellen Marktplatz organisiert.

Unkomplizierter Zugang zu neuen Kunden

Insbesondere die Technologie des 3D-Drucks kann von dem Ansatz gemeinsam genutzter Plattformen profitieren. Produzenten können ihre 3D-Drucker im Falle ungenutzter Kapazitäten dem Markt einfach und zeitnah zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus erhalten sie einen unkomplizierten Zugang zu neuen Kunden. Umgekehrt erhalten Kunden auf einfache Art und Weise Zugang zu externen Ressourcen. Druckaufträge lassen sich somit bedarfsgerecht in beliebigen Losgrößen und Spezifitäten vermitteln. Die Plattformen bieten messbare Vorteile, wie die Steigerung von Auslastung, Liefertreue und Kundenzufriedenheit und ermöglichen eine barrierefreie Zugänglichkeit zu neuen Kunden sowie eine erhöhte Sichtbarkeit der Marktteilnehmer.

Die Nutzung einer solchen Plattform führt auch zu einer Abkehr von etablierten Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Aufgrund von Intransparenz, Anonymität und unvollständigen Informationen ergibt sich daher oft ein verringertes wechselseitiges Vertrauen der Wertschöpfungspartner.

Gesteigertes Vertrauen in Datenintegrität

Um dieser Herausforderung wirksam entgegenwirken zu können, muss das reduzierte Vertrauen in die am Wertschöpfungsprozess beteiligten Partner durch ein gesteigertes Vertrauen in die Datenintegrität und Prozessintegrität kompensiert werden: Die Datenintegrität meint die Sicherstellung, dass die Daten, die kommuniziert werden, auch der Wahrheit entsprechen und nicht manipulierbar sind, wohingegen die Prozessintegrität ein gemeinsames Einverständnis aller Akteure bzgl. der automatisiert durchzuführenden Prozesse umschreibt. Da im B2B-Kontext die meisten Informationen, z.B. die Auftrags- und Anlagendaten, wie Baupläne, Zahlungsmodalitäten, Kapazitäten und Verfügbarkeiten als besonders sensibel und wettbewerbskritisch gelten, ergeben sich weiterhin Anforderungen an die Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Authentizität und Verbindlichkeit der geteilten Daten.

Eine erfolgsversprechende Technologie, die das Vertrauen in die Daten- und Prozessintegrität in solchen Systemen gewährleisten kann, ist die Blockchain. Auch wenn die Technologie aufgrund prominenter Vertreter im Bereich der Kryptowährung einen hohen Bekanntheitsgrad erzielt hat, ist die Technologie bei Weitem nicht auf diese Anwendungsfälle beschränkt. Eine Blockchain ist im Kern ein dezentraler, verteilter und gemeinschaftlich genutzter elektronischer Datenspeicher. Sie entspricht einem „verteilten Journal mit geprüften und bestätigten Transaktionsblöcken, die in einer Kette durch kryptographisch gesicherte Verbindung miteinander verbunden sind“.

Jede neue Information, d.h. jeder neue Block, wird nur in die Blockchain aufgenommen, wenn ein allgemeiner Konsens über ihre Korrektheit vorliegt. Ein derartiger, technologisch verankerter Konsensmechanismus bildet zusammen mit der Irreversibilität der gespeicherten Daten den Kern der vertrauensbildenden Eigenschaften der Blockchain. Aufgrund der verteilten Speicherung einer identischen Kopie der Daten bei allen Teilnehmern einer Blockchain ist eine unbemerkte nachträgliche Manipulation nahezu ausgeschlossen.

Mit der Blockchain ist häufig auch der Begriff Smart Contract assoziiert. Der Begriff ist ursprünglich auf einen Beitrag von Nick Szabo zurückzuführen und umschreibt ein „Programm, das in der Blockchain gespeichert wurde, durch einen beliebigen Systemteilnehmer ausgeführt werden kann und dessen Ausführungsergebnisse wiederum auf der Blockchain gespeichert und allen Systemteilnehmern zugänglich gemacht werden kann“. Smart Contracts sind demnach nicht Verträge im kaufmännischen Sinne, sondern zuallererst programmierte Wenn-Dann-Bedingungen. Smart Contracts erweisen sich dahingehend als vorteilhaft, dass sie maschinell ausgeführt werden und manuelle Prozesse bedingt ablösen können. Damit dies gelingt, ohne dass Akteure zu Unrecht zu Schaden kommen, ist die Datenintegrität als zentrales Kriterium zu gewährleisten. Die Nutzung von Smart Contracts setzt daher eine vertrauenswürdige Datenquelle voraus, die wiederum durch die Blockchain-Technologie realisiert werden kann.

Automatisierte Prozesse zur Verifikation der Wertschöpfungspartner

Überführt auf den Anwendungsfall des 3D-Drucks lassen sich mithilfe von Blockchain und Smart Contracts Fertigungsplattformen aufbauen, die mit Blick auf die Daten- und Prozessintegrität deutliche Vorteile aufweisen und dadurch zu einer erhöhten Nutzerakzeptanz führen können. Smart Contracts ermöglichen dabei eine auf Konsens beruhende, automatisierte Durchführung von Prozessen und können zur Verifikation der involvierten Wertschöpfungspartner herangezogen werden. So können alle Plattformnutzer sicher sein, dass ihre jeweiligen Vereinbarungen durchgesetzt werden, etwa die tatsächliche Durchführung des Produktionsauftrages nach Buchung oder automatisierte Zahlung nach Warenempfang. Genauso kann der Smart Contract als Medium genutzt werden, um autorisierten Teilnehmern Einsicht in sensible Informationen zu gewähren. Die Blockchain-Infrastruktur stellt dabei immer sicher, dass die ausgetauschten Informationen, etwa die Spezifikation des 3D-Druckers oder eine CAD-Datei, fälschungssicher gespeichert werden und gewährleistet somit die Integrität der Daten.

Das Beispiel zeigt, dass Smart Contracts in der Praxis zu einem Vertrauensaufbau beitragen können, indem sie Intransparenzen reduzieren und vereinbarte Abläufe durchsetzen. Die Potentiale und Herausforderungen, die aus dem Zusammenspiel von 3D-Druck- und Blockchain-Technologie resultieren, werden derzeit am Wissenschaftsstandort Dortmund im Rahmen des Projektes Blockchain Europe weiter untersucht.

Bild: TU Dortmund

Autor Dominik Bons ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Unternehmenslogistik der TU Dortmund und Mitglied des Forschungsprojektes Blockchain Europe.

Wertschöpfungspartner
Bild: TU Dortmund

Autor Nick Große ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Unternehmenslogistik im Arbeitsfeld „Produktionsmanagement und Fabrikplanung“.

Wertschöpfungspartner
Bild: Fraunhofer-Institut

Autor Josef Kamphues ist stellvetretender Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML.

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