11.01.2022 – Kategorie: Digitale Transformation
Warenwirtschaft im Maschinenbau: 8 Anforderungen an die Software
Manuelle Aufwände entlang der Prozesskette verursachen mittelständischen Maschinenbauern hohe Kosten, wie durch die Verwaltung der Projektunterlagen und die Fakturierung offener Posten. Mit einer passenden Software für Warenwirtschaft können Workflows systematisch unterstützt werden.
Mittelständische Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau haben einige Stellschrauben, um die Effizienz ihrer Projektverwaltung, Disposition und Auslieferung zu verbessern. Im Kern steht dabei eine Software für die Warenwirtschaft, die ihre konkreten, branchenspezifischen Bedürfnisse abdecken kann. Diese acht wichtigen Anforderungen sollte eine moderne Lösung erfüllen:
1. Warenwirtschaft: Stücklisten verwalten
Maschinenbauer kaufen die Komponenten und Bauteile der projektierten Anlagen ein. Entsprechend muss die Materialdisposition mit der Fertigung abgestimmt sein: Die Disposition muss sicherstellen, dass alle benötigten Teile zur Verfügung stehen. Das kann gerade kleineren Unternehmen schwerfallen. Die von der Konstruktion erstellten Stücklisten beinhalten die benötigten Teile für die Maschinenkomponenten und -module mit Angaben zu Mengen, Abmessungen, aber auch Auftragsdaten. Stücklisten sind essentiell für die Vorbereitung, die Erstellung eines Arbeitsplans, Bestellungen oder die Kalkulation. Die Lösung liegt hier in einer übersichtlichen digitalen Stücklistenverwaltung, die alle Posten zentral und aktuell vorhält und einen einfachen Zugriff ermöglicht.
2. Warenwirtschaft: Aufträge priorisieren
Für bereits im ERP-System eingelastete Aufträge kann eine Software mit Liefervorschlägen eine signifikante Effizienzsteigerung erreichen. Wenn ein Hersteller beispielsweise nicht alle Aufträge in der gewünschten Zeit erledigen kann, ist eine Priorisierungsmöglichkeit wichtig. Der Anwender legt dabei die Regeln fest, das Tool macht einen Vorschlag für die Reihenfolge. Manuelle Änderungen sind möglich, bevor die Lieferscheine erzeugt werden. Erst dann werden Lagerbestände und Reservierungen aktualisiert.
Bei einer Priorisierung wird also nicht der Kunde zuerst beliefert, der zuerst bestellt hat. Vielmehr kann das Unternehmen die Reihenfolge der Aufträge selbst bestimmen. Es kann zum Beispiel Aufträge ohne Teillieferungsmöglichkeit bevorzugen, um Aufträge mit hohen Summen abzuwickeln. Hält ein Lieferengpass aber länger an und führt zu Rückständen bei vielen Kunden, wird man Aufträge mit geringerem Volumen abarbeiten wollen. Die manuelle Priorisierung erfolgt in kleinen Unternehmen oft noch mit Excel. Das ist aufwändig und umständlich.
3. Projektverwaltung in der Warenwirtschaft abbilden
Für den Maschinenbau ist eine saubere Projektverwaltung essentiell. Denn gerade Aufträge in Höhe von mehreren Millionen Euro können sich über Monate, sogar Jahre erstrecken. In dieser Zeit sammeln sich zahlreiche Daten und kaufmännische Dokumente an. Zum Beispiel auftragsspezifische Schriftstücke wie Angebot oder Angebotsbestätigung oder diverse Anzahlungs- und Abschlagsrechnungen. Daten kommen auch aus der Planung und Konstruktion: CAD-Zeichnungen und Modelle aus unterschiedlichen Programmen, vielleicht auch PDF-Dateien als Anhänge von Emails oder Schriftwechsel bei Rückfragen.
In der Regel werden die Dokumente an unterschiedlichen Stellen in der EDV-Landschaft eines Maschinenbauers abgelegt: E-Mails in Outlook, Arbeitszeitstunden in einem HR-Tool und CAD-Modelle im entsprechenden Designer. Das erschwert den Überblick und die Suche gleichermaßen. Deswegen ist es ideal, wenn eine Warenwirtschaft eine Projektverwaltung beinhaltet und Verknüpfungen zu den unterschiedlichen Dateien und Programmen ermöglicht.
Erfasst ein Unternehmen die Arbeitszeit der Mitarbeiter smart, lässt sich diese Projekten automatisch zubuchen. Das erleichtert die Nachkalkulation. Dafür sollte ein Terminal in der Montagehalle mit RFID und Barcode-Lesegerät ausgestattet sein. Die Mitarbeiter können so ihren persönlichen Chip sowie die Barcodes der Aufträge einscannen und das System setzt einen digitalen Zeitstempel und eine Auftragszuordnung.
4. Wartung und Service in die Warenwirtschaft integrieren
Sinnvoll ist darüber hinaus, wenn Wartungs- und Servicearbeiten ebenfalls von einem System berücksichtigt werden. Denn ist die Maschine geliefert, montiert und vom Kunden in Betrieb genommen, beginnt ihr Lebenszyklus: Zyklische Wartungen, aber auch unerwartete Reparaturen stehen an. Hier kann eine Kunden-Objektverwaltung unterstützen, die für jeden Kunden die ihm gelieferten bzw. bei ihm in Betrieb befindlichen Maschinen und Anlagen verwaltet: Maschinentyp und Merkmale wie Dimensionen und Leistung können konfiguriert und branchenspezifische Besonderheiten für den Kunden hinterlegt werden. Durch die ebenfalls hinterlegten Seriennummern der Teile und Module lassen sich Garantiezeiten und Wartungszyklen nachverfolgen und Termine mit dem Kunden vereinbaren.
5. Reparaturaufträge abbilden
Bei Rapportaufträgen, wenn der Aufwand eines Auftrags nicht feststeht, kann ein smartes ERP ebenfalls unterstützen: Der Techniker wird über die Fehlerbeschreibung informiert und bestückt das Fahrzeug direkt mit den notwendigen Ersatzteilen. Idealerweise kann er online auf den Serviceauftrag zugreifen, seine Zeiten buchen sowie die Anfahrt und die benötigten Teile erfassen. Daraus lässt sich automatisiert eine Rechnung generieren. Kann der Kunde auf einem Tablet den Auftrag bestätigten, erfolgt die Verarbeitung vollständig papierlos und ohne Medienbruch.
6. Internationale Ausrichtung der Warenwirtschaft
Gerade im Maschinenbau ist es außerdem relevant, dass eine Software für die Warenwirtschaft nicht nur mehrsprachig ist, sondern auch mehrere Währungen abbilden kann. Denn Einkauf und Verkauf erfolgen weltweit.
7. Sammelrechnungen automatisieren
Während aus Lieferscheinen die Software in der Regel automatisch Rechnungen erstellen kann, ist der Prozess bei Sammelrechnungen komplizierter. Hier müssen die Lieferscheine oft in manueller Arbeit zusammengestellt werden. Ein Tool übernimmt das über automatisierte Rechnungsvorschläge, auf denen alle noch nicht fakturierten Leistungen automatisch berücksichtigt werden. Die Software fakturiert die noch offenen Lieferscheine – idealerweise mit einer eigenen Rechnung pro Lieferschein oder als Sammelrechnung, die alle Lieferscheine je Kunde bündelt.
Auch bei der direkten Fakturierung jedes Lieferscheins kann ein Rechnungsvorschlag sinnvoll sein: um zu verhindern, dass eine Lieferung gar nicht zur Berechnung kommt. In der Praxis passiert das schnell, wenn ein Sachbearbeiter unterbrochen wurde und es schlicht vergisst. Gerade kleinere Betriebe protokollieren die Leistungen häufig nicht, wenn sie beim Kunden vor Ort erfolgen, etwa bei Wartungen oder Reparaturen.
8. Zahlungsverkehr überwachen
Die Rechnungsstellung im Maschinenbau erfolgt anteilig: In der Regel sind eine Anzahlung und weitere Abschlagszahlungen fällig. Ein gutes Tool kann die Überwachung der offenen Posten leisten. Eingehende Zahlungen werden dafür aus der Online-Banking-Software übernommen, ausgewertet und automatisiert den offenen Rechnungen zugeordnet. In der Schlussrechnung können die erhaltenen Zahlungen automatisch abgezogen werden.
Wurden Forderungen nicht eingezogen oder sind nach Fälligkeitstermin noch offen, lassen sie sich mit einem automatisierten Mahnwesen in einem Mahnvorschlag berücksichtigen. Wichtig: Der Kontoauszugsmanager der Warenwirtschaft sollte Auszüge von Standardbanken importieren und die Belegtexte nach Rechnungsnummern durchsuchen können – auch mehrere bei einer Überweisung. Bei Zahlungsavis lässt sich nachvollziehen, wer welche Rechnung bezahlt hat.
Effizienz der Prozesskette erhöhen
Maschinen- und Anlagenbauer können die Effizienz ihrer Prozesskette von der Projektierung bis zur Fakturierung mit einer passenden Warenwirtschaft erhöhen: Stellschrauben sind unter anderem eine Projektverwaltung inklusive Wartung und Service, die Priorisierung von Aufträgen, die Möglichkeit für Sammelrechnungen sowie die Integration der Offenen Posten-Überwachung. (sg)
Über den Autor: Harald Sander, Experte für Warenwirtschaftssysteme und Geschäftsführer der Pleasantsoft GmbH. Das Unternehmen, das kaufmännische Software für mittelständische Betriebe entwickelt, verpflichtet sich fünf Leitideen: Kundenorientierung, Aktualität, Qualifikation, Innovationsbereitschaft und Freude am Arbeiten.
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