01.04.2014 – Kategorie: IT
Vom klassischen Software-Lizenzmodell in die Cloud
Viele Softwarehäuser stehen derzeit vor der Herausforderung, ihre vorhandenen Anwendungen Cloud-fähig zu machen, damit ihre Kunden die Software auch über das Internet nutzen können. Doch viele ISVs (Independent Software Vendors) scheuen den Aufwand für den Aufbau und Betrieb einer eigenen IT-Wolke. Khaled Chaar, Managing Director Business Strategy beim Cloud-Anbieter Pironet NDH, erklärt im Gespräch mit digitalbusiness CLOUD, wie Softwarehäuser den Anschluss an diese Entwicklung halten können. Von Stefan Girschner
digitalbusiness CLOUD: Vor welchen Herausforderungen stehen derzeit Softwarehäuser und Systemhäuser mit ihren Geschäftsmodellen?
Khaled Chaar: Statt in Lizenzen zu investieren, wollen heute immer mehr Unternehmen ihre Software flexibel aus der Cloud beziehen. Obwohl den meisten ISVs dieser Trend bewusst ist, tun sie sich schwer damit, ihre Anwendungen auf ein Software-as-a-Service-Modell (SaaS) umzustellen. Denn um ein über Jahre gewachsenes Portfolio, das für das klassische Client-Server-Modell entwickelt wurde, auf eine Cloud-Basis zu heben, sind viele Hürden zu nehmen.
digitalbusiness CLOUD: Wie können Software- und Systemhäuser ihr Lizenzmodell auf ein SaaS-Angebot umstellen?
Khaled Chaar: Viele ISVs nutzen für die Transformation Platform-as-a-Service-Lösungen (PaaS). Das sind Entwicklungsumgebungen aus dem Netz, auf denen die Unternehmen ihre Webanwendungen konstruieren können, ohne selbst in teure Plattformen investieren zu müssen. Diese Vorgehensweise ist grundsätzlich sinnvoll. Allerdings decken solche PaaS-Angebote nur den rein technischen Teil der Umstellung ab. Der Schritt in die Cloud erfordert aber zusätzlich eine Reihe von organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Anpassungen.
digitalbusiness CLOUD: Was sind die Hauptunterschiede zwischen einem klassischen Lizenzmodell und einem SaaS-Modell?
Khaled Chaar: Vor allem das Preis- und Abrechnungsmodell unterscheidet sich vom klassischen Lizenzgeschäft: Die Software wird nicht mehr einmalig verkauft, vielmehr wird nutzungsabhängig abgerechnet. Die Kunden unterschreiben daher auch keine klassischen Kaufverträge mehr, sondern eher eine Form von Mietvertrag, in dem sich der Software-Hersteller zu kontinuierlichen Online-Services verpflichtet. Diese verlangen wiederum nach entsprechenden Service Level Agreements, die zum Beispiel die Verfügbarkeit der Dienste oder Reaktionszeiten bei Störungen regeln. Und schließlich ändert sich auch der Vertrieb. Er ist bei einer Cloud-Lösung zwar meistens deutlich einfacher, da die Dienste über die Webseite angeboten werden. Dennoch ist auch bei SaaS-Lösungen Beratung gefordert, zum Beispiel bei der Anpassung der Software an Kundenwünsche oder bei der Schulung der Nutzer.
digitalbusiness CLOUD: Wie unterstützen Sie Ihre Kunden mit Ihrer Enterprise-PaaS-Lösung?
Khaled Chaar: Mit unserem Enterprise-PaaS-Angebot liefern wir zum einen eine technologische Plattform für die Entwicklung, das Testen und den Betrieb der Cloud-Lösung: Neben den Programmiersprachen Microsoft .NET, PHP, Java und Perl können Entwickler in der neuen PaaS-Umgebung auch Anwendungen in Python, Ruby oder node.js entwickeln. Als Datenbanken stehen MySQL, ProstgreSQL, MS SQL und MongoDB zur Verfügung. Auch bei der DIE-Integration bieten wir unter anderem mit Eclipse und Visual Studio die gängigen Lösungen an.
Ergänzend dazu offerieren wir den Unternehmen aber auch umfangreiche Support- und Serviceleistungen auf dem Weg in die Cloud. So begleiten und beraten wir die ISVs bei der Bestandsanalyse und helfen bei der Entwicklung von Business-Plänen und Cloud-Modellen bis hin zum marktfähigen Angebot. Optional bieten wir weitere Services an, zum Beispiel einen 24-Stunden-Helpdesk für die Endanwender.
digitalbusiness CLOUD: Trotz allem scheuen viele Unternehmen das finanzielle Risiko beim Umstieg auf ein SaaS-Modell. Schließlich können sie nicht sicher sein, dass sich die Investitionen auch irgendwann amortisieren. Wie sehen Sie diesen Zusammenhang?
Khaled Chaar: Wir selbst sind ein mittelständisches Unternehmen und kennen solche Bedenken aus eigener Erfahrung. Vor diesem Hintergrund haben wir ein preiselastisches Kostenmodell für unsere Kunden entwickelt. Das bedeutet, die Firmen können unsere Entwicklungsumgebungen und Plattformen in den ersten sechs Monaten kostenfrei nutzen. Danach rechnen wir die Services nutzungsabhängig ab. Der Kunde zahlt also nur für die Leistungen, die er tatsächlich in Anspruch nimmt. Das senkt das finanzielle Risiko in der Anfangsphase erheblich.
digitalbusiness CLOUD: Wenn man an Themen wie Datensicherheit, Compliance, Verfügbarkeit und mobile Anbindung denkt: Worin sehen Sie hier die größten Herausforderungen, zum einen auf Anbieter-, zum anderen auf Anwenderseite?
Khaled Chaar: Grundsätzlich muss man zwischen Datensicherheit und Datenschutz unterscheiden. Beim Thema Datensicherheit würde ich sagen, dass sich vor allem mittelständische Anwender durch die Cloud nur verbessern können. Denn nur wenige erreichen auf ihren eigenen Servern das Sicherheitsniveau und die Verfügbarkeit eines professionellen Rechenzentrums. Unabhängig von der Cloud müssen sich die Anwender aber darüber klar sein, dass das heutige Nutzungsmodell, jederzeit und überall auf Daten zugreifen zu können, natürlich eine gewisse Angriffsfläche mitbringt. Hier gilt es, Komfort und Sicherheit gegeneinander abzuwägen.
Was den Datenschutz betrifft, hängt das Risiko in erheblichem Maße davon ab, wo sich der Cloud-Provider und dessen Rechenzentrum befinden. Bei einem deutschen Anbieter mit Rechenzentrum in der Bundesrepublik gelten die hiesigen Datenschutzbestimmungen. Hier sehe ich keine nennenswerten Risiken – weder für die SaaS-Anbieter noch für die Nutzer. Von einem Auslagern kritischer Daten in die USA oder in ein anderes Land außerhalb der EU würde ich jedoch aktuell abraten.
digitalbusiness CLOUD: Hat die NSA-Abhöraffäre Auswirkungen auf die Akzeptanz von Cloud-Angeboten?
Khaled Chaar: Nicht, wenn es sich um deutsche Angebote wie die Pironet NDH Business Cloud handelt. Bei US-amerikanischen Anbietern halten sich Softwarehersteller und Anwender jedoch im Moment zurück.
digitalbusiness CLOUD: Herr Chaar, wir danken Ihnen für das Gespräch. (ak)
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