16.05.2023 – Kategorie: Human Resources

Talent-Pools: Mit Pooling und Pipelining aus der Fachkräftekrise

Talent-PoolsQuelle: contrastwerkstatt – stock.adobe.com

IT-Verantwortliche erleben es regelmäßig und schmerzlich: Wertvolle Mitarbeiter kündigen plötzlich und oft sogar in Scharen. Gestern noch loyal, erliegen sie heute den aggressiven Avancen der Konkurrenz oder den Lockrufen anderer Branchen. Wer im Ringen um die besten Kräfte vorne sein will, kann mit Pooling & Pipelining neue Wege gehen.

Talent-Pools als Lösung? Dünnt die Personaldecke unerwartet aus oder weiterer Zuwachs erweist sich als nötig, ist guter Rat teuer. Die meisten Unternehmen starten erst dann die Suche nach frischen Kräften, wenn der Fall der Fälle schon eingetreten ist. Die Folgen sind nicht selten verzweifelte Rekrutierungsaktivitäten und hohe Kosten sowohl bei der Mitarbeitersuche als auch durch personelle Fehlentscheidungen, die in der plötzlich gegebenen Hektik leider nicht ausbleiben.

Besser als die Suche nach Ersatz oder Ergänzung erst bei Bedarf, ist das Vorhalten geeigneter Kräfte in einem Pool interessierter, aber noch nicht verpflichteter Kandidaten. Ein gutes Beispiel für dieses neuartige Vorgehen ist die Strategie von Profisportclubs, die bereits frühzeitig Kontakt zu jungen Talenten, aber auch arrivierten Spielern aufnehmen, die zu einem späteren Zeitpunkt engagiert werden könnten. Diese Kontakte werden unverbindlich, aber persönlich gepflegt, bis es zu einer konkreten Anfrage kommt. Mal meldet sich der Verein, mal will sich der Sportler verändern, und man tritt in konkrete Verhandlungen ein.

Talent-Pools für schnelles und erfolgreiches Recruiting

Generell sollten Unternehmen neben einem externen Pool ebenso einen internen Pool entwicklungsfähiger Mitarbeiter unterhalten. Dieser hätte zusätzlich den Vorteil, dass dessen Mitglieder bereits evaluiert und im Blick auf Ihre Leistungsperspektiven eingeschätzt werden können. In der IT und der in ihr gegebenen Fluktuation wird ohne externe Anstrengungen jedoch nicht auszukommen sein.

Ein solches externes Pooling liefert eine spürbare Zeit- und Kostenersparnis bei der Rekrutierung, verstärkt den Zugang zu passiven Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt und ermöglicht eine gezielte Kontaktpflege mit guten Bewerbern, bei denen es früher einmal nicht zu einer Zusammenarbeit kam. Es verbessert die Position des Unternehmens gegenüber renommierter Konkurrenz am Arbeitsmarkt und verbessert die Reputation etwaigen und konkreten Bewerbern. Mit dieser aktiven Strategie beginnt der Talent-Relationship-Prozess nicht immer von vorn, wenn Personalbedarf aufkommt, weil es jederzeit vorselektierte Kandidaten gibt, die offen für ein Einstiegsgespräch sind.

Im Gegensatz zum vielleicht ersten Eindruck funktionieren die geschilderten Methoden nicht nur bei großen Unternehmen, sondern sind auf jede Größe anpassbar. Kleinere, eher lokal und regional agierende Firmen schneiden den Bereich ihrer Aktivtäten entsprechend kleiner, größere gehen über Regions- und, falls nötig, internationale Grenzen hinaus.

Bestimmende Zielvorstellungen als Ausgangsbasis

Damit Talent-Pools ihren Profit abwerfen, müssen sie auf klar umrissenen Zielvorstellungen in Form von bestimmten Stellentypen, Führungsebenen oder konkreten Geschäftszielen basieren. Die Beantwortung der folgenden Fragen, ist dabei essenziell:

  • Welche geschäftlichen Prioritäten wollen mit welchen Talenten verfolgt werden?
  • Welche Stellenkategorien oder Rollen profitieren, wenn sich Stellen aus pool-basiert schnell besetzen ließen?
  • Wo gibt es bei den aktuellen Mitarbeitern Qualifizierungslücken (Skill Gaps)?
  • Welche Zertifizierungen, Lizenzen oder Bildungsgrade sind auf verschiedenen Organisationsebenen nötig?
  • Welche Kernkompetenzen sollen innerhalb eines Jahres und in den nächsten fünf Jahren gestärkt werden?
  • Welche Merkmale oder Einstellungen zeichnen aktuelle Top-Performer vor anderen Mitarbeitern aus?
  • Wo in der Organisation sind größere Erfahrungen, mehr Hintergründe und mehr Selbstentfaltung direkt gewinnbringend?

Gewusst wo: Talente finden und kontaktieren

Die oben gefundenen Antworten bestimmen die Kriterien der potenziellen Mitarbeiter, die im Pool versammelt werden sollen. Zur Beantwortung der Frage, wo sich diese perspektivreichen Aspiranten finden lassen, eignen sich verschiedene Optionen:

  1. Die „Zweitplatzierten“ der letzten Einstellungen
  2. Soziale Medien
  3. Mitarbeiterempfehlungen
  4. Netzwerke mit ehemaligen Mitarbeitern
  5. Karrieremessen / Job-Events
  6. Externe Empfehlungen
  7. Vielfaltsinitiativen

Die meisten Elemente dieser Liste verstehen sich intuitiv. Eine Vielfaltsinitiative hebt auf Menschengruppen ab, die man üblicherweise zu wenig ins Talentmanagement einbezieht. Die sozialen Medien bieten ein riesiges Reservoir von Talenten, das allerdings regelmäßige und tiefe Recherche verlangt. Der nötig Aufwand lässt sich inhouse delegieren, sofern man nicht den Weg über externe Dienstleister wählt, weil man wertvolle interne Ressourcen nicht durch diese Arbeit binden möchte.

Pipelining – aus Namen werden Einstellungskandidaten

in den nachfolgenden Talent-Pipelines werden die Mitglieder der Pools an das Unternehmen herangezogen. Während sie im Pool noch inaktiv auf ihren Einsatz warten, werden sie in der Pipeline auf konkrete Aufgaben angesprochen und ihre Qualifikation dafür ermittelt. Die Basis dafür bildet ein zuvor erstelltes Dossier, das neben den Standarddaten Informationen darüber enthält, was die Person für eine etwaige Einstellung interessant macht.

Anschließend wird der Kontakt zu den passenden Kandidaten vertieft und das einstellende Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber beworben. Dabei bewirbt es sich ausdrücklich beim Bewerber und agiert als Verkäuferin in eigener Sache.

Folgende Werkzeuge und Methoden sind unter anderen dafür geeignet:

  1. Dialoginstrumente, die persönliche Verbindungen und Kontaktpflege ermöglichen
  2. Exklusive Events und Angebote für die Netzwerkpflege und das Knüpfen von Beziehungen
  3. Präsentation auf Branchen-Events und Konferenzen, um im Zentrum der Branche wahrgenommen und bekannt zu sein
  4. Umfangreiche Social-Media-Aktivitäten, um dort das Image und den Ruf des engagierter und attraktiven Arbeitgebers zu pflegen und zum Kontakt zu animieren

Mit Talent-Pools effizient, energisch und proaktiv gegen die Fachkräftekrise

Talent-Pools und Pipelines sind ein effizienter Weg, der Mitarbeiterfluktuation im Besonderen und dem Fachkräftemangel allgemein proaktiv und energisch entgegenzutreten. Es entsteht ein strategisches Beziehungsmanagement, das den Rekrutierungsprozess erfolgreicher und signifikant schneller macht.

Nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit blieben offene Stellen im Jahr 2021 durchschnittlich 119 Tage und damit fast vier in der Regel teure Monate vakant. Auf dem neuen Weg können diese Zeit drastisch verkürzt, Fehlbesetzungen vermieden und Produktivitätsverluste minimiert werden.

Talent-Pools
Bild: Profiles International

Die Autorin Nilgün Aygen ist Geschäftsführerin DACH von Profiles International, einem Spezialisten für wissenschaftlich basierte Online-Assessments.

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