24.07.2023 – Kategorie: Geschäftsstrategie
Sustainability-by-Design rückt Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt
Autonomes Fahren, Simulationsmodelle oder IoT-Warnsysteme: Innovative Technologien wie diese benötigen große Mengen an Strom, sind aber auch vielversprechende Mittel für mehr Klimaschutz. Zeit, über ein Prinzip nachzudenken, welches das Problem an der Wurzel anpacken will: Sustainability-by-Design.
Cloud kann Energie sparen: Laut einer Studie von Accenture lassen sich 84 Prozent der Emissionen, die bei einem lokalen Server-Betrieb entstehen, einsparen, wenn Unternehmen ihre IT in die Cloud migrieren. Wichtig dabei ist allerdings, dass die Ökobilanz bei der Cloud-Auswahl eine wesentliche Rolle spielt: Das Prinzip, welches Nachhaltigkeit von Anfang an in den Fokus rückt, heißt Sustainability-by-Design.
Wer einen Cloud-Dienstleister auswählt, zog bisher vor allem Preis, Standort, Sicherheit und Latenzen in die Entscheidung ein. Künftig sollten Unternehmen jedoch genau prüfen, ob und wie klima- und umweltschonend es der Cloud-Provider mit dem Betrieb hält. Stammt der Strom aus erneuerbaren Energien? Wird die Abwärme genutzt? Lassen sich seine Nachhaltigkeitsangaben transparent nachvollziehen? Um die Vorteile der Cloud – wie Skalierbarkeit und Flexibilität – guten Gewissens auszunutzen, sollten Unternehmen darauf vertrauen können, dass der Provider kontinuierlich an neuen Methoden und Technologien feilt, die den Energie- und Ressourcenverbrauch der Datacenter verringern.
Mit Sustainability-by-Design den CO2-Ausstoß reduzieren
Und grüne Rechenzentren sind im Kommen. Data Center mit Net-Zero-Energy beziehen beispielsweise unter optimalen Bedingungen keine Energie aus dem öffentlichen Stromnetz. Sie erzeugen mittels Photovoltaik und Windkraft selbst Energie. Dank besserer Kühltechnik, Wärmenachnutzung und sparsameren Rechnern arbeiten sie energieeffizienter. Das ist auch im Sinne der Europäischen Union. Nach ihrem Klimaplan „Fit for 55“ soll der CO2-Ausstoß auf dem Kontinent bis 2030 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden und ein Nachhaltigkeitsindex für Rechenzentren entstehen.
Dies ist nur ein Beispiel, warum es wichtig ist, sich die Nachhaltigkeit der ausgewählten Technologie frühzeitig vor Augen zu führen. Grundsätzlich gilt es, einem Paradox entgegenzuwirken, das angesichts disruptiver Technologien wie ChatGPT oder autonomen Fahrzeugen immer mehr ins Auge springt. Auf der einen Seite ermöglichen es uns digitale Innovationen, viele unserer globalen Herausforderungen anzugehen.
Gerade, wenn es darum geht, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, versprechen vor allem digitale Lösungen mit künstlicher Intelligenz, Internet of Things (IoT) und Automatisierung mehr Klimaschutz – etwa in der Produktion, beim Recycling oder bei der Bewässerung von Äckern. Laut Digitalverband Bitkom könnte eine digitale Industrie allein in Deutschland 64 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Auf der anderen Seite lässt sich bis zu zwölf Prozent des globalen Strombedarfs auf die Nutzung digitaler Geräte zurückführen, mahnt der Weltklimarat. Lässt sich dieser Widerspruch auflösen? Müssen wir digitale Lösungen neu überdenken, da sie per se enorm viel Energie verbrauchen?
Mit Nachhaltigkeit bei der Produktentwicklung beginnen
Die Antwort lautet Ja. Wenn wir uns umschauen, fällt auf, dass viele Unternehmen mittlerweile an ihrem ökologischen Fußabdruck arbeiten. Von der Produktion bis zur Verpackung wollen viele Firmen nachträglich Prozesse anpassen, die jahrelang anders gehandhabt wurden. Das ist löblich, aber ideal geht anders. Nach dem Prinzip Sustainability-by-Design sollten Produkte von Anfang an, also bereits in der Konzeptionsphase, grün gedacht werden. Egal ob bei der Auswahl von Tools, beim Austausch von Daten oder beim Entwickeln einer Technologie – die Nachhaltigkeit einer digitalen Lösung entscheidet über ihr Potenzial.
Das betrifft selbst Bereiche, die zuvor weniger im Fokus waren wie die Entwicklung von Software: Hier kommen dann etwa die Programmiersprache, Green Coding und Serverless Computing ins Spiel. Beim Datenschutz oder der IT-Sicherheit sind es die Unternehmen schon gewohnt, konsequent zu handeln. Nun sollten sie auch dieses Prinzip mit derselben Ernsthaftigkeit verfolgen, um sich digital, aber grün zu transformieren.
Daten versprechen grünes Gold
Mit der Perspektive des Prinzips Sustainability-by-Design lässt sich auch schnell erkennen, warum valide Daten nicht nur in Sachen Profitabilität, sondern auch hinsichtlich Nachhaltigkeit Gold wert sind. Zum einen können wir anhand von Daten ineffiziente und unökologische Schwachstellen aufdecken, uns mittels KI unterschiedliche Prognosen erstellen lassen – und dann im zweiten Schritt neue Maßnahmen einleiten. Dabei helfen Datenplattformen, auf denen sich solche Informationen sicher untereinander austauschen lassen.
Zum anderen können wir Produkte von Beginn an grün designen und Kreislaufwirtschaft umsetzen. Unternehmen sollten wissen, wie etwa Handys, Laptops und Co. verarbeitet wurden, ihre Materialien und Zusammensetzung kennen, und wissen, welche Rohstoffe der eigene Betrieb, seine Lieferanten und Partner beisteuern – nur dann lassen sich Geräte wiederverwerten. Smartes Textil-Recycling ist ein weiteres Beispiel, wie Kreislaufwirtschaft funktionieren kann. Von der intelligenten Kontrolle des Füllstands der Altkleider-Container über die Wiederverwendung: Gemeinsam mit Partnern hat die Telekom ein Ökosystem aufgebaut, das den gesamten textilen Verwertungsprozess digital erfasst.
Die neue „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ verpflichtet künftig rund 15.000 Unternehmen in Deutschland, ihre Nachhaltigkeitswerte offenzulegen. Möglich machen dies wiederum digitale Lösungen wie der Telekom Nachhaltigkeitsmanager. Mit solchen Tools können Verantwortliche relevante Daten protokollieren, gesetzeskonforme ESG-Berichte erstellen und Klimaschutzmaßnahmen managen. Ein Echtzeit-Dashboard zeigt, wie sich konkrete Maßnahmen auf Klima und Umwelt auswirken.
Sustainability-by-Design: Neue Geschäftschancen wahrnehmen
Aber nicht nur die Politik, sondern auch immer mehr Kunden, Beschäftigte und Investoren erwarten eine profunde Nachhaltigkeitsstrategie von der Unternehmensführung. Eine klimabewusste Herangehensweise kann somit unterstützen, dass Unternehmen als zukunftsfähig eingestuft werden und langfristig wirtschaftsstark bleiben. Kein Wunder, dass Vergütungsmodelle in Spitzenpositionen häufig an ESG-Ziele gekoppelt sind, um den persönlichen Einsatz für Nachhaltigkeit zu erhöhen. So erreicht etwa das Telekom-Vorstandsteam einen Teil der variablen Vergütung nur dann, wenn bestimmte Energie- und Emissionsreduktionen erfüllt sind.
Dass Klimaschutz und Unternehmenserfolg durchaus Hand in Hand gehen können, zeigt auch ein anderes Beispiel, das Sustainability-by-Design beherzigt. Da bei einem Smartphone etwa 80 Prozent des Energieverbrauchs auf die Produktion fallen, entwarf der Telekom-Partner Everphone ein neues Geschäftsmodell. Firmen können bei ihm Endgeräte für ihre Mitarbeitenden leihen. So sind weniger Geräte im Umlauf und sie werden nach Ende der Mietzeit recycelt. Davon profitieren auch rund 6.000 Mitarbeitende des Traditionsunternehmens Henkel, die seit 2021 ihre Tablets ebenso privat nutzen. Ein wichtiger Schritt, um Kreislaufwirtschaft im digitalen Produktbereich zu stärken.
Über den Autor: Benjamin Springub ist Vice President Operations Development bei der Deutschen Telekom AG, Telekom Deutschland GmbH. Außerdem ist er im Projekt Lead für den Geschäftskundenbereich beim konzernübergreifenden Projekt Schubkraft tätig, welches das Thema ESG für Geschäftskunden forciert. Springub ist seit mehr als 13 Jahren bei der Deutschen Telekom tätig und arbeitete in unterschiedlichen Bereichen wie Corporate Strategy, Vorstandsassistenz, Cyber Security Consulting sowie interne Kommunikation und Business Development. Zuvor absolvierte Springub ein Doppeldiplom-Studiengang im Bereich Europäische Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing und einen Master in General Management. (sg)
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