04.02.2023 – Kategorie: Digitale Transformation

Risikomanagement: Unternehmen setzen auf Technologie für ESG-Standards

ESG-Reporting Risikomanagement Nachhaltigkeit NachhaltigkeitsstrategienQuelle: Pcess609 - Adobe Stock

Wie eine neue Studie von IntegrityNext zeigt, setzen Unternehmen verstärkt auf digitale Lösungen, um ESG-Risiken in ihren Lieferketten zu identifizieren. Gründe für die Nutzung sind vereinfachte Prozesse, Zeit- und Kostenersparnisse sowie Skalierbarkeit. Zudem fühlen sich Unternehmen noch schlecht auf das LkSG vorbereitet.

Schlechte Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, Umweltsünden und Bestechlichkeit: In Zeiten globaler Lieferketten tragen Unternehmen erhebliche Verantwortung, der sie nicht immer, trotz guten Willens, gerecht werden können. Angesichts des am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz untersucht die aktuelle Studie von IntegrityNext, Spezialist für das Risikomanagement von ESG, in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Lieferkette von deutschen Unternehmen. Hierzu wurden 242 Mitglieder des BME befragt.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten, um nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu etablieren. Es regelt die Sorgfaltspflichten der Unternehmen bezüglich ihrer Lieferkette. Dem Gesetz unterliegen alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 im Inland Beschäftigten; ab dem 1. Januar 2024 gilt es auch für Unternehmen ab 1.000 MitarbeiterInnen. 

Risikomanagement: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch transparente Lieferketten

Die Beweggründe, Nachhaltigkeit in der Lieferkette zu etablieren, sind bei den für die Studie befragten Personen unterschiedlich, lassen sich aber in drei Kategorien gliedern: Einhaltung von Gesetzen (56 Prozent), Überzeugung bzw. gesellschaftliche Verantwortung (40 Prozent) sowie Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit (34 Prozent). Die drei wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen sind Umweltschutz (87 Prozent), Menschen- und Arbeitsrechte (84 Prozent) und Arbeitssicherheit (68 Prozent).

ESG-Risiken
Kriterien zur Bewertung von ESG-Risiken. (Bild: IntegrityNext)

Die zentrale Grundvoraussetzung für die Identifizierung von sowie den erfolgreichen Umgang mit ESG-Risiken in der Lieferkette ist ein hoher Transparenzgrad. Elf Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass sie eine vollständige Transparenz von Nachhaltigkeitsrisiken über ihre unmittelbaren Lieferanten haben; 65 Prozent haben teilweise Einblicke in ihre unmittelbaren Lieferketten. Gar keine Transparenz haben nur 16 Prozent der Interviewten.

Im Rahmen der Studie wurden die teilnehmenden Unternehmen zum neuen LkSG befragt. Insgesamt geben 38 Prozent der teilnehmenden Unternehmen an, ihre Lieferanten bereits heute auf der Basis von Nachhaltigkeitsparametern zu bewerten. Bei Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden fällt der Wert mit 25 Prozent deutlich niedriger aus als bei größeren Firmen (47 Prozent). Allerdings ist auch bei KMU die Bereitschaft zu erkennen (45 Prozent), künftig eine solche Evaluierung vorzunehmen. Gleiches gilt in Bezug auf die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden veröffentlichen in etwa 57 Prozent der Fälle einen Nachhaltigkeitsbericht, während der Anteil bei Firmen mit weniger als 1.000 MitarbeiterInnen mit etwa 15 Prozent niedriger ausfällt.

Unternehmen setzen beim Risikomanagement auf Technologie

Ein Risikomanagementsystem kann Grundlage einer erfolgreichen Erfassung und Einschätzung von Nachhaltigkeitsaspekten in Lieferketten darstellen. Laut Studie gaben 78 Prozent der Befragten an, bereits ein Risikomanagementsystem implementiert zu haben oder dies derzeit zu planen, um ESG-Risiken in der Lieferkette zu identifizieren. 33 Prozent der Befragten setzen beim Risikomanagement auf Technologie. Weitere 42 Prozent planen deren Einsatz, um Nachhaltigkeitsrisiken in ihrer Lieferkette zu identifizieren und zu analysieren. Als Gründe für die Nutzung wurden die Vereinfachung von Prozessen (64 Prozent), Zeitersparnis (63 Prozent), Skalierbarkeit (38 Prozent) sowie Kostenersparnis (15 Prozent) genannt.

Risikomanagement
Vorteile von Lösungen für das Risikomanagement von ESG-Normen. (Bild: IntegrityNext)

Herausforderungen bei der Umsetzung des LkSG

Fast zwei Drittel der Umfrageteilnehmenden sind direkt vom LkSG betroffen. Für den Rest ergeben sich keine gesetzlichen Pflichten. Dennoch möchten 87 Prozent dieser Firmen die Anforderungen des LkSG trotzdem ganz (30 Prozent) oder zumindest teilweise (57 Prozent) umsetzen. Die Gründe für KMU, ihre Lieferketten zu überwachen und zu kontrollieren, sind vielfältig. Wertegeleitete Gründe wie soziale Verantwortung (61 Prozent) oder Überzeugung (46 Prozent) spielen eine wichtige Rolle. Aber auch der zunehmende Druck durch Kunden (51 Prozent), Investoren und andere Stakeholder (15 Prozent) wurde genannt. Nicht zuletzt sieht die Hälfte der Befragten die Auseinandersetzung mit dem LkSG bereits als sinnvolle Vorbereitung für die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie (54 Prozent), die für deutlich mehr Unternehmen gelten soll als das LkSG.

Im Hinblick auf Compliance und juristische Fragen fühlt sich aktuell eine relativ große Zahl der befragten Unternehmen gut oder sehr gut aufgestellt (37 Prozent). Große Defizite bestehen nach wie vor hinsichtlich der technischen Umsetzung. 55 Prozent der Umfrageteilnehmenden schätzen ihre Ausgangslage hier als schlecht oder sehr schlecht ein. Ähnlich schwach fällt die Bilanz bezüglich der Einbettung relevanter Prozesse in bestehende organisatorische Strukturen und Abläufe aus – hier erkennen 51 Prozent Nachholbedarf in der eigenen Organisation.

Risikomanagement
Gründe für die Umsetzung der Anforderungen des LkSG. (Bild: IntegrityNext)

Risikomanagement: Anforderungen des LkSG

Das LkSG beinhaltet neun sogenannte Kernanforderungen. Auch in Bezug auf diese bestehen laut Selbsteinschätzung der Studienteilnehmer noch erhebliche Lücken. Ein Risikomanagement-System sowie regelmäßige Risikoanalysen bilden das Herzstück des LkSG. Hier fühlen sich 38 Prozent (Risikomanagement) beziehungsweise 29 Prozent (Risikoanalysen) der Unternehmen ausreichend gut aufgestellt.

Mit Blick auf Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Sorgfaltspflichten bei mittelbaren Zulieferern und die Berichterstattung tun sich viele der Firmen ebenfalls schwer. Hinsichtlich der Umsetzung einmaliger Maßnahmen, wie der Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit (49 Prozent, sehr gut bis eher gut), der Verabschiedung einer Grundsatzerklärung (44 Prozent, sehr gut bis eher gut) und der Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens (43 Prozent, sehr gut bis eher gut), schneiden die TeilnehmerInnen noch verhältnismäßig gut ab.

Internationale Wertschöpfungsketten auf dem Prüfstand

Dr. Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin des BME e.V., erklärt: „Es ist höchste Zeit für die deutsche Wirtschaft zu handeln und die Einhaltung von Standards bei sozialen Rahmenbedingungen und Umweltaspekten entlang der globalen Wertschöpfungsketten noch aktiver anzugehen. Konkret geht es für die Unternehmen darum, ihre internationalen Wertschöpfungsketten auf den Prüfstand zu stellen. Damit sorgten sie für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit. Dazu müssten sie sich aber intensiver denn je mit zentralen Themen wie Lieferanten-Monitoring, Risikomanagement und Supply Chain Visibility auseinandersetzen.“

Nick Heine, Mitgründer und COO von IntegrityNext, ergänzt: „Globale Lieferketten zu überwachen ist eine Mammutaufgabe, die langfristig nur mittels einer technologischen Lösung gelingen kann. Diese muss einerseits sicher und effizient sein und alle Eventualitäten abdecken, die in komplexen Lieferketten auftreten können. Und sie muss sich andererseits mit wenig Aufwand und nahtlos in die bestehenden Systeme und Prozesse der Unternehmen einfügen lassen. Nur so können Unternehmen jeder Größe dem LkSG gerecht werden, ohne die eigene Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsposition aufs Spiel zu setzen.“

Zur Methodik der Studie

Die Online-Umfrage wurde im Zeitraum von September bis Anfang November 2022 durchgeführt und richtete sich in erster Linie an die Mitgliedsunternehmen des BME e.V. Die Teilnehmerquote lag bei 242. Befragt wurden unter anderem Leitende Angestellte. Der Schwerpunkt der Studie lag auf Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, die häufig besonders komplexe Lieferketten aufweisen. Über ein Drittel der teilnehmenden Firmen hat weniger als 1.000 Mitarbeiter – im Rahmen dieser Studie als KMU definiert – und ist somit nicht direkt vom LkSG betroffen. Für die Auswertungen wurden nur tatsächlich beantwortete Fragen berücksichtigt.

IntegrityNext bietet eine Cloud-Lösung für das Monitoring von Nachhaltigkeit und Compliance in der Lieferkette. Damit können Unternehmen kosteneffizient ihre Lieferantenbasis in Bezug auf nachhaltigkeitsbezogene Regulierungen wie Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Standards wie internationale Menschen- und Arbeitsrechte und Selbstverpflichtungen überprüfen. IntegrityNext unterstützt dabei, ESG-Risiken entlang der Wertschöpfungskette zu identifizieren und zu managen, Um so Reputations- und Finanzrisiken zu reduzieren und die Nachhaltigkeitsleistung langfristig zu verbessern.

Der 1954 gegründete Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) ist ein Fachverband und Netzwerkpartner für Einkaufs-, Supply-Chain- und Logistikverantwortliche in Deutschland und Europa. Er zählt in 38 Verbandsregionen 9.750 Mitglieder aus allen Branchen und Sektoren. Das Volumen der von den Verbandsmitgliedern beschafften Waren und Dienstleistungen beträgt jährlich rund 1,25 Billionen Euro. Das entspricht knapp einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. (sg)

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