16.05.2023 – Kategorie: Geschäftsstrategie

Resilienz: Wie Unternehmen dank IT widerstandsfähiger werden

Resilienz AvanadeQuelle: Avanade

Nach der Corona-Pandemie erschwert nun der Ukraine-Krieg die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Welche Bedeutung der Resilienz in der Krise zukommt, erläutert Stefan Smolka, Geschäftsführer von Avanade, im Gespräch.

Seit Januar 2022 ist Stefan Smolka Geschäftsführer der Avanade GmbH in Deutschland. Sein Start bei dem IT-Beratungsunternehmen fiel in eine Zeit, da die Auswirkungen der Corona-Pandemie allmählich nachließen. Doch ruhigere Fahrwasser lassen angesichts der brodelnden wirtschaftlichen und geopolitischen Lage auf sich warten. Genügend Themen für ein Gespräch Stefan Smolka rund um Resilienz und deren Verbesserung durch Informationstechnologien.

Digital Business Cloud: Die Lockdowns während der Pandemie hatten die Lieferketten durcheinandergewirbelt. Und seit über einem Jahr verstärkt ein bewaffneter Konflikt in Europa diese Krise. Wie ist es bezüglich der Resilienz um die Unternehmen in Deutschland bestellt?

Stefan Smolka: Zunächst einmal ist der angesprochene Konflikt natürlich eine menschliche Tragödie für alle Betroffenen. In der Folge werden die Lieferketten weiterhin ein kritischer Faktor bleiben. Hier gibt es natürlich inzwischen Aktivitäten, Produktionen teilweise zurück zu verlagern, aber das ist durchaus komplex. Zudem müssen bei einer solchen, teilweisen Deglobalisierung auch die in anderen Gegenden Europas höhere Energie- und Personalkosten einkalkuliert werden. Nach gefühlt einer Krise nach der anderen ist Resilienz grundlegend erstrebenswert, sie lässt sich aber nicht aus dem sprichwörtlichen Hut zaubern. Wir sehen allerdings, dass es Unternehmen umso leichter fällt, je besser sie ihre IT-Hausaufgaben gemacht haben.

Können Sie das näher erläutern?

Smolka: Rückverlagerung bedeutet ja nicht nur, dass man eine Anlage ab- und an einem anderen Standort aufbaut. Wir sprechen hier auch vom Know-how rund um Prozesse. Wer hier eine starke Durchdringung von IT-Systemen erreicht hat, wird Vorteile für sich verbuchen. ERP-Systeme sind hier natürlich weit vorn zu nennen. Unternehmen, die Shopfloor und Topfloor sauber verzahnten und über eine leistungsstarke Cloud-Umgebung wie Microsoft Azure abgebildet haben, sind schon flexibler aufgestellt und haben ihre Resilienz gesteigert.

Dennoch wird es auch beim physischen Umzug einiges zu bedenken geben?

Smolka: In der Tat, und das gilt für Hard- und Software. Ein solches Projekt ist sicherlich komplex und will gut durchdacht und geplant sein. Andererseits eröffnen sich auf diese Weise auch Chancen, Versäumtes nachzuholen oder Vorhandenes zu verbessern. Passt das Hallenlayout auch künftig? Wenn nein, wann könnte eine Anpassung eleganter erfolgen? Und diese Fragen müssen sich Unternehmen eben auch im Hinblick auf ihre IT stellen, und zwar sowohl für die Büros als auch die Maschinen und die Schnittstellen dazwischen. Wir haben hier bereits einige interessante Projekte betreut beziehungsweise aktuell in Arbeit, und die Erfahrung zeigt: Richtig gemacht, lassen sich sowohl die Resilienz der Lieferkette als auch die Effizienz steigern.

Stefan Smolka leitet als General Manager die Geschäfte von Avanade in Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er verantwortet in dieser Position auch die strategische Allianz des Unternehmens mit seinen Muttergesellschaften Accenture und Microsoft. (Bild: Avanade GmbH)

Ihre Teams benötigen dafür sicherlich weitreichendes Branchen-Wissen?

Smolka: Und das haben sie. Das ist für mich in meinem Führungsverständnis ein Kernelement: Wir brauchen Mitarbeiter, die Ahnung haben und die Aufgabe beim Kunden verinnerlichen. IT ist ja kein Selbstzweck. Wir müssen mehr sein als IT-Experten, nur so können wir die Unternehmen wirklich beraten und operativ voranbringen. Wir sprechen hier ja nicht nur von akuten Herausforderungen rund um die Supply Chain. Es gibt nach wie vor noch viel zu tun bei der digitalen Transformation der Geschäftsmodelle. Denn so manches Unternehmen schaut hier ausschließlich auf sein Produkt, statt es als Lösung zu sehen. Hier haben wir die richtigen Leute, vom Analytics-Experten über Branchen-Experten und Programmierer bis zum Designer.

Um in eine Branche zu schauen: Durchlebt die Automobilbranche hier gerade einen besonders schnellen und darum relativ schmerzhaften Wandel?

Smolka: Schmerzhaft wäre nicht meine Wortwahl. Die Branche an sich ist exemplarisch, aber gut gewählt, denn es illustriert die grundsätzliche Herausforderung. Wir waren hierzulande sehr lange sehr stolz darauf, wie gut wir Autos gebaut haben. Sicher zurecht. Und dann hat eine disruptive Phase begonnen, und ich meine nicht die Energiequelle für den Antriebsstrang, sondern eben die Software. Man denke an das Beispiel der Over-the-Air-Updates. Hier passiert weltweit sehr viel. Ich glaube, dass die Hersteller hierzulande den Wert der Software begriffen haben und sich in diesem Bereich sehr stark engagieren. Das Software-defined Car ist die Zukunft. Diese Software-Erkenntnis haben manche Unternehmen noch vor sich, in manchen Branchen stärker als in anderen.

Können Sie uns ein Beispiel geben, wo noch besonders viel zu tun ist?

Smolka: Mir fallen spontan zwei Beispiele ein. Bei diesen ist aber wichtig, dass das Zusammenspiel aus Markt und Staat für den Status quo prägend ist: Energie und Gesundheit. Die Energiewende wird uns IT-seitig noch intensiv beschäftigen, denn wir bauen ja unsere Versorgung gerade stark von zentral zu dezentral um. Dabei muss so viel abgebildet, gesteuert und geregelt werden. Und die besondere Konstellation im Gesundheitswesen mit Leistungserbringern und Kostenträgern ist aus meiner Sicht ein Grund, dass wir hier zu lange zu wenig Dynamik gesehen haben. Das meine ich alles völlig vorwurfsfrei, es ist eben immer auch eine Frage der Rahmenbedingungen.

Um das Beispiel Energie nochmals aufzugreifen, und auch, weil die Energiekosten schon gefallen sind: Hier besteht sicher auch Optimierungspotenzial im Hinblick auf Lieferketten und Produktion?

Smolka: Das Thema Energie geht ja noch über Kosten hinaus. Vielfach gibt es keine Aufnahme in die Lieferantenliste, wenn gewisse Umweltkriterien nicht erfüllt werden. So werden gesetzliche Vorgaben immer strenger. Es gibt also auch an dieser Stelle viel, was verbessert werden kann, aber eben auch verbessert werden muss. Und tatsächlich geht es hier so richtig ins Detail. Ein Kollege von mir hat sich kürzlich mit der energetischen Optimierung von Maschinen im Idle-Modus beschäftigt. Also wie weit wird eine Maschine wann heruntergefahren, wie viel energetischer Anfahraufwand entsteht und einiges mehr. Das zeigt schon, dass Fach- und Branchenwissen das A und O ist. Diese Details müssen dann aber auch gesammelt und in einen Gesamtkontext gebracht werden. So lassen sich letztliche viele Prozentpunkte an Energie, CO2-Emissionen und auch Kosten einsparen.

Noch ein kurzer Themenschwenk weg von der Resilienz: Momentan führen wir kaum ein Gespräch, bei dem es nicht auch um generative KI geht.

Smolka: Ja, das glaube ich gerne. Vor dem von uns diskutierten Kontext haben Machine Learning und Predictive Maintenance eine größere Bedeutung. Doch egal, ob es nun um diese Themen oder Robotics Process Automation oder eine andere Art von KI geht: Durch unsere enge Zusammenarbeit mit Microsoft sind wir hier recht gut aufgestellt. Immerhin sind wir als Joint Venture von Microsoft und Accenture gegründet worden. Und nicht umsonst sprechen wir selbst gern von der „Power of Three“. Wir fühlen uns besonders wohl in der Cloud-Plattform Azure. Und die ist ja bekanntermaßen in Sachen KI insgesamt sehr leistungsstark. Letztlich gilt aber auch hier, was immer gilt: Es geht in erster Linie um das Ergebnis, das Werkzeug kommt danach. Und ohne die richtigen Menschen klappt sowieso gar nichts.

Herr Smolka, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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