Die „HR-Studie 2020“, durchgeführt von der forcont business technology gmbh und dem Lehrstuhl für Personalwirtschaft und Business Governance an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg, zeigt auf, welche Herausforderungen HR-Verantwortliche derzeit am stärksten beschäftigen. Das wichtigste Thema Nummer in der Personalwirtschaft ist nach wie vor der Fachkräftemangel: Für 34 Prozent Befragten zählt das Gewinnen von qualifiziertem Personal zu den drängendsten Aufgaben. Ein Drittel nennt als weitere Themen die Digitalisierung und Automatisierung von Personalprozessen.
Personalverwaltung beansprucht viel Arbeitszeit
Allerdings kommen wichtige strategische Aufgaben im HR-Alltag oft zu kurz. So wünschen sich 64 Prozent der Befragten mehr Zeit für die Personalentwicklung, 61 Prozent für die Netzwerkpflege und 46 Prozent würden sich dem Employer Branding gern intensiver widmen. Vielerorts resultiert die Zeitnot aus einem hohen Administrationsaufwand: In 37 Prozent der HR-Abteilungen beanspruchen Verwaltungsaufgaben wie das Bearbeiten von Dokumenten und die Datenpflege viel Arbeitszeit.
Digitaler Reifegrad von HR noch ausbaufähig
Der strategischen Bedeutung der digitalen Transformation ist sich die große Mehrheit der Befragten bewusst. 58 Prozent der befragten Unternehmen haben damit begonnen, ihre Personalprozesse zu digitalisieren. 37 Prozent sehen sich dabei auf einem guten Weg. 51 Prozent der Befragten ist es gelungen, im Unternehmen ein Bewusstsein für die Digitalisierung von HR zu schaffen – während es bei der Umsetzung noch Verbesserungspotenzial gibt.
„Viele haben den HR-Bereich bei ihrer Digitalagenda lange Zeit vernachlässigt, obwohl ihm eine wichtige Schnittstellenfunktion nach innen wie außen zukommt. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass gerade ein Umdenken stattfindet“, erklärt Thomas Fahrig, HR-Experte bei der forcont business technology gmbh.

Personalverwaltung: Prozessqualität erhöhen
Welche Ziele stehen bei Automatisierungsvorhaben im Vordergrund? 75 Prozent der befragten Unternehmen wollen die Qualität der jeweiligen HR-Prozesse steigern. Weitere wichtige Beweggründe sind: Kosten senken (66 Prozent), die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen und mehr Zeit gewinnen (jeweils 62 Prozent). Diejenigen Befragten, die das Thema Automatisierung noch nicht in Angriff genommen haben, führen dies meist darauf zurück, dass sich in ihrer Organisation bisher niemand damit beschäftigt hat (46 Prozent).
Zudem sind mangelndes Budget, ein nicht überzeugendes Kosten-Nutzen-Verhältnis und Skepsis auf Seiten des Managements (jeweils 38 Prozent) Aspekte, die sich hemmend auswirken. Auf der Liste der Anwendungsbereiche, in denen Unternehmen bereits Prozesse automatisiert haben, stehen die Personalverwaltung (64 Prozent), die Personalbeschaffung (62 Prozent) und die Personalbeurteilung (54 Prozent) ganz oben.
Personalverwaltung: Hürden für die Datenanalyse
„Zur Digitalisierung des HR-Bereichs gehört auch, Mitarbeiterdaten sinnvoll zu erheben und auszuwerten“, sagt Prof. Dr. Anne-Katrin Neyer, Inhaberin des Lehrstuhls für Personalwirtschaft und Business Governance an der Universität Halle-Wittenberg. „Mit solchen Datenanalysen lassen sich auf der einen Seite Entwicklungen im Unternehmen und der Erfolg von HR-Maßnahmen messen – beispielsweise die Effekte einer Recruiting-Kampagne, die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Leistung des Teams. Auf der anderen Seite bieten sie eine evidenzbasierte Grundlage für Entscheidungen.“
Die Umfrage hat gezeigt, dass es meistens die HR-Verantwortlichen selbst sind, die sich um datengestützte Entscheidungen bemühen. Obwohl sie Data-Analytics in ihrem Bereich vorantreiben, ist das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Denn gerade beim Umgang mit Daten stehen die Befragten vor mehreren Hürden: 78 Prozent nennen heterogene IT-Systeme und -Tools als den größten Faktor, der die Datenerhebung erschwert. Für 40 Prozent ist es ein Hindernis, dass sich Daten aus IT-Systemen nur schwer weiterverwenden lassen. 15 Prozent können erst gar nicht auf die Daten relevanter IT-Anwendungen zugreifen.
Auch an der Auswertung hapert es. 63 Prozent der Befragten vermissen in ihrem Unternehmen passende Software-Lösungen, die bei der Datenanalyse helfen könnten. 51 Prozent der HR-Abteilungen haben zu wenig Zeit für Data-Analytics-Projekte. Zudem fehlen wichtige Kompetenzen: Laut 41 Prozent reicht das statistische Know-how der HR-Verantwortlichen nicht aus, 30 Prozent sehen eine Hürde in mangelnden IT-Kenntnissen.

Automatisierung und digitale Aktenführung auf dem Vormarsch
Auf dem Gebiet der Personalverwaltung sind Unternehmen bereits weiter: 48 Prozent der Befragten haben ihre Mitarbeiterakten mit einer entsprechenden Lösung digitalisiert – entweder vollständig oder ausgewählte Aktenbestandteile. In dieser Gruppe ziehen fast zwei Drittel (64 Prozent) eine positive Bilanz und sind mit ihrer Software-Auswahl zufrieden. Anders als digitale Akten ist das Thema Cloud Computing in den HR-Abteilungen bislang wenig verbreitet.
Nur 36 Prozent nutzen ein oder mehrere HR-Tools als Software-as-a-Service. Für diese hat sich der Schritt in die Cloud allerdings fast immer gelohnt: 82 Prozent der SaaS-Anwender blicken zufrieden auf ihre Entscheidung zurück. Die größten Hinderungsgründe, Cloud-Software zu implementieren, sind mangelnde Auseinandersetzung mit dem Thema (52 Prozent) und Vorbehalte bezüglich der Datensicherheit (37 Prozent).
Für die HR-Studie 2020 nahmen insgesamt 117 Mitarbeiter und Führungskräfte in deutschen Unternehmen verschiedener Größen und Branchen an einer Online-Befragung zwischen Oktober 2019 und Januar 2020 teil. Der Studienbericht liefert ein differenziertes Stimmungsbild, wie es um die Digitalisierung der Personalverwaltung bestellt ist. Er zeigt, wie sich die HR-Arbeit derzeit gestaltet und vor welchen Herausforderungen Personaler stehen. Nützliche Handlungsempfehlungen für HR-Verantwortliche runden den Bericht ab. (sg)
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