24.10.2023 – Kategorie: Geschäftsstrategie

Nachhaltigkeitsberichte: Jedes vierte KMU erstellt diese bereits

Quelle: brutto film - Adobe Stock

Eine Umfrage des TÜV-Verband hat ergeben, dass das produzierende Gewerbe Vorreiter ist, wenn es um Nachhaltigkeitsberichte geht. Die Mehrheit der Unternehmen befürwortet eine verpflichtende Erstellung und Prüfung der Berichte und erwartet Vorteile für den Umwelt- und Klimaschutz und das Image der Unternehmen.

28 Prozent der im Auftrag vom TÜV-Verband von Forsa befragten mittelständischen Unternehmen in Deutschland hat in den vergangenen Jahren einen Nachhaltigkeitsbericht erstellt. Bei Mittelständlern mit 50 bis 249 Mitarbeitenden sind es 23 Prozent und bei den großen mit 250 bis 1.000 Beschäftigten sogar 53 Prozent. Wie die Umfrage zeigt, ist die Industrie mit einem Anteil von 41 Prozent Vorreiter bei der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte. Gefolgt von den Branchen Energie, Bau und Verkehr mit 30 Prozent und dem Dienstleistungssektor mit 26 Prozent. Deutlich unter dem Durchschnitt liegt der Handel (22 Prozent) und das Gesundheitswesen (16 Prozent). Nur 60 Prozent der Unternehmen veröffentlichen ihren Nachhaltigkeitsbericht.

„Nachhaltigkeitsberichte sind ein wichtiges Instrument, um Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz zu dokumentieren, zu bewerten und anzustoßen“, erklärt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, zu den Ergebnissen der Umfrage. Mit der Umsetzung der europäischen CSRD-Richtlinie in nationales Recht wird die Erstellung und externe Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten für rund 15.000 Unternehmen in Deutschland verpflichtend. „Jetzt kommt es darauf an, einen offenen Markt für Prüfdienstleistungen zu schaffen. Um Kapazitätsengpässe und hohe Kosten für den Mittelstand zu vermeiden“, so Bühler. In der Umfrage geben 80 Prozent der befragten Unternehmen an, dass ein möglichst „breites Angebot unabhängiger Prüforganisationen“ zur Verfügung stehen sollte.

Nachhaltigkeitsberichte informieren über Umweltschutzmaßnahmen

In einem Nachhaltigkeitsbericht informieren Unternehmen über Maßnahmen für einen besseren Umwelt- und Klimaschutz sowie über soziale und wirtschaftliche Aspekte ihrer Tätigkeit. Letztere umfassen beispielsweise die Arbeitsbedingungen im Unternehmen und bei Lieferanten. Laut den Ergebnissen der Umfrage bringen die Nachhaltigkeitsberichte den Unternehmen zahlreiche Vorteile. So nennen 75 Prozent eine Steigerung der Energieeffizienz, 66 Prozent die Reduzierung von Materialverbräuchen und 65 Prozent eine Verringerung von Abfall. Aber auch „weiche Faktoren“ spielen eine wichtige Rolle: Die Verbesserung des Images (88 Prozent), eine bessere Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie (86 Prozent) oder die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften (82 Prozent).

„Neben positiven Effekten für die Umwelt können Unternehmen in ihren Nachhaltigkeitsberichten die erzielten Kosteneinsparungen dokumentieren“, sagte Bühler. Weitere Vorteile von sind eine bessere Kundenbindung (64 Prozent) und eine höhere Arbeitgeberattraktivität (59 Prozent). Die Unternehmen sehen darüber hinaus positive Effekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Wirtschaft insgesamt. 87 Prozent sagen, dass einheitliche Standards eine bessere Vergleichbarkeit der Berichte ermöglichen. 84 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die Berichte den Bewusstseinswandel in Richtung nachhaltiges Wirtschaften fördern.

TÜV-Verband
Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. (Bild: Tobias Koch)

Unternehmen orientieren sich an Standards und Rahmenwerken

51 Prozent der mittelständischen Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, orientieren sich an bekannten Standards. Oder an Rahmenwerken wie den Vorgaben der Global Reporting Initiative (GRI) oder des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). Und 41 Prozent haben ihre Berichte von unabhängigen Stellen prüfen lassen. „Einheitliche Standards helfen den Unternehmen bei der Erstellung ihrer Nachhaltigkeitsberichte und sorgen für eine bessere Vergleichbarkeit“, sagte Bühler. „Nur so können die Berichte als verlässliche Informationsquelle für Investoren, Kapitalanleger, Medien und andere Stakeholder dienen.“ Als größte Vorteile einer externen Prüfung der Berichte sehen die Befragten eine unabhängige Bewertung der enthaltenen Informationen (79 Prozent), eine bessere Vergleichbarkeit (79 Prozent) und eine höhere Glaubwürdigkeit bei den Stakeholdern (77 Prozent).

Nachhaltigkeitsberichte werden durch CSRD verpflichtend

Die im November 2022 verabschiedete Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sieht vor, dass Nachhaltigkeitsberichte künftig verpflichtend werden. Und die Inhalte wie bei Finanzberichten von externen Stellen geprüft werden müssen. Zuvor muss die CSRD in nationales Recht umgesetzt werden. Laut Umfrage haben sich bisher erst 42 Prozent der mittelständischen Unternehmen mit den Anforderungen der Richtlinie auseinandergesetzt, bei 57 Prozent ist das noch nicht der Fall.

Neben den Vorteilen sehen die Befragten auch Herausforderungen bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Die meisten Befraften nennen den hohen bürokratischen Aufwand (92 Prozent), mangelnde personelle Ressourcen (78 Prozent) und fehlendes Wissen über die konkreten Anforderungen eines Nachhaltigkeitsberichts (70 Prozent). 64 Prozent sehen Probleme bei der Berechnung des eigenen CO2-Fußabdrucks und 45 Prozent klagen über mangelnde finanzielle Ressourcen für die Erstellung der Berichte. Trotz dieser Herausforderungen überwiegen für eine breite Mehrheit der befragten Unternehmen die positiven Wirkungen: 62 Prozent finden es gut, dass Nachhaltigkeitsberichte einen ähnlichen Stellenwert bekommen wie die Finanzberichterstattung. 

Nachhaltigkeitsberichte
Diese Probleme erwarten Unternehmen bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. (Grafik: TÜV-Verband)

Prüfung erfordert breites Angebot an Dienstleistern

Verbands sollte die Umsetzung der CSRD so mittelstandsfreundlich wie möglich erfolgen. Zentraler Faktor dafür ist ein breites Angebot an Dienstleistern für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte. Mit dem Ziel, Kapazitätsengpässe und daraus resultierend hohe Kosten zu vermeiden. Nach den aktuellen Plänen des federführenden Bundesjustizministeriums (BMJ) sollen für die Prüfung der Berichte aber ausschließlich Wirtschaftsprüfer wie KPMG, PwC, Deloitte oder EY zugelassen werden.

„Wir brauchen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eine Lex Mittelstand. Auch technische Sachverständige sollten Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten vornehmen dürfen“, ist Bühler überzeugt. Die technischen Prüforganisationen verfügten nicht nur über Erfahrungen bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Sie zertifizieren auch Umweltmanagementsysteme, verifizieren den CO2-Fußabdrucks von Unternehmen oder nehmen Lieferkettenaudits vor.

Zertifizierung der Nachhaltigkeitsberichte durch technische Prüforganisation

Die befragten mittelständischen Unternehmen erkennen dieses Know-how an. Drei von vier geben an, dass unabhängige technische Prüforganisationen die Kompetenz für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten haben (74 Prozent). Mit weitem Abstand folgen NGOs (32 Prozent), staatliche Behörden (31 Prozent) und die Wirtschaftsprüfer (27 Prozent). Eine große Mehrheit von 74 Prozent der mittelständischen Unternehmen würde ihren Nachhaltigkeitsbericht am ehesten von einer technischen Prüforganisation zertifizieren lassen. Wenn sie die Wahl bei den Prüforganisationen hätten.

Die Forderung nach einem möglichst offenen Prüfmarkt unterstützen neben dem TÜV-Verband als Vertretung der technischen Prüforganisationen die Wirtschaftsverbände der Chemischen Industrie (VCI), des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA), der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), der Textilindustrie (Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie) sowie der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) und die WirtschaftsVereinigung Metalle. Die Verbände haben sich mit dieser Empfehlung kürzlich an die zuständigen Bundesministerien gewandt.

Zur Methodik der Umfrage: Grundlagen der Angaben ist eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag des TÜV-Verbands unter 500 Unternehmen mit 50 bis 1.000 Mitarbeitenden. Bei der telefonischen Umfrage im August 2023 wurden Geschäftsführer, CFO und Verantwortliche für Nachhaltigkeitsberichte befragt.
Der TÜV-Verband e.V. vertritt die politischen Interessen der TÜV-Prüforganisationen und fördert den fachlichen Austausch der Mitglieder. Der Verband setzt sich für die technische und digitale Sicherheit sowie die Nachhaltigkeit von Fahrzeugen, Produkten, Anlagen und Dienstleistungen ein. Grundlage dafür sind allgemeingültige Standards, unabhängige Prüfungen und qualifizierte Weiterbildung. (sg)

Lesen Sie auch: Nachhaltigkeit – nach wie vor keine Priorität für viele deutsche KMU


Teilen Sie die Meldung „Nachhaltigkeitsberichte: Jedes vierte KMU erstellt diese bereits“ mit Ihren Kontakten:


Scroll to Top