22.06.2009 – Kategorie: Fertigung, Management, Technik
Mitarbeiterbeteiligung als Basis einer erfolgreichen Einführung eines VBS
Vom Landkreistag Rheinland-Pfalz, dem Land Rheinland-Pfalz und der Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück wurde das Projekt „Prozessorientierte Einführung eines Vorgangs-Bearbeitungs-Systems (VBS) in der kommunalen Verwaltung“ gefördert.
Die Projektpartner waren die Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück und das Institut für Technologie und Arbeit e .V. an der TU-Kaiserslautern. Ziel des Projektes war die Erstellung und Erprobung eines Leitfadens mit dem es Kreisverwaltungen und Verbandsgemeinden möglich ist, weitestgehend selbstständig eine solche Software einzuführen.
Eine wichtige Erkenntnis die aus der Projektarbeit gewonnen wurde, war die Bestätigung der Vorteile der aktiven Beteiligung von Mitarbeitern und Führungskräften am Veränderungsprozess. Dies zeigte sich sowohl während der Projektarbeit als auch in der hohen Akzeptanz der geplanten Veränderungen und nicht zuletzt in den Ergebnissen einer Befragung der Projektmitarbeiter zu ihrer Zufriedenheit mit dem Vorgehen im Projekt.
Mitarbeiterbeteiligung
Im organisationalen Kontext ist der Begriff Mitarbeiterbeteiligung als direkte, formell geregelte Beteiligung von Mitarbeitern an Entscheidungen definiert. „Formell“ bedeutet, dass Mitarbeiterbeteiligung nicht von einzelnen Personen, z. B. der jeweiligen Führungskraft, abhängig ist, sondern institutionell in der Organisation verankert wird. „Direkt“ heisst, dass die Beteiligung durch die Betroffenen selbst und nicht durch „Vertreter“ (z. B. Arbeitnehmervertretung) realisiert wird.
Die Notwendigkeit einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung bei der Einführung neuer Technologien wird heute kaum noch in Frage gestellt, da jegliche Art von Veränderungsvorhaben immer auch entsprechende Widerstände auf Mitarbeiterseite hervorrufen. Untersuchungen belegen, dass durch diesen Umstand beinahe 75 Prozent der Veränderungsvorhaben scheitern .
Mit der Einführung eines VBS werden die wesentlichen Arbeitsabläufe der Mitarbeiter beeinflusst. Dementsprechend hoch ist auch das Potential für Widerstände. Im Allgemeinen gilt, dass durch entsprechende Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung die Akzeptanz von Entscheidungen und für Veränderungsprozesse bei den Betroffenen erhöht bzw. gesichert werden kann. Hierzu wurden einige „Regeln für einen erfolgreichen Veränderungsprozess“ formuliert:
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Aktive Teilnahme und Mitarbeiterbeteiligung an Veränderungsentscheidungen
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Frühzeitige Information über geplanten Wandel
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Die Gruppe als das wichtigste Medium: Gruppeneffekte sorgen dafür, dass der Wandel als weniger beängstigend empfunden und so schneller vollzogen wird
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Kooperation fördert die Veränderungsbereitschaft
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Veränderungsprozesse unterliegen Zyklen, die wichtig sind: Eine Phase, in der die Bereitschaft zur Umstrukturierung erzeugt wird, der Prozess der Veränderung und eine Beruhigungsphase, in der der erfolgreiche Wandel stabilisiert wird (vgl. Lewins Konzept: Unfreeze, Move, Freeze).
Eine systematische Einführung eines Vorgangs-Bearbeitungs-Systems unter Beteiligung der Mitarbeiter kann nur dann erfolgreich sein, wenn geeignete aufbau- und ablauforganisatorische Rahmenbedingungen geschaffen sowie methodische Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden. Mitarbeiter frühzeitig (d. h., schon in die Planungsphase) einzubeziehen und ihre Kreativität sowie ihr Erfahrungswissen zu nutzen, führt dazu, dass sich solche auf den ganzen Arbeitsprozess auswirkende Veränderungen optimal auf deren Anforderungen abstimmen lassen.
Probleme und Fehler können bereits im Vorfeld erkannt und beseitigt werden, der nachträgliche Änderungsaufwand reduziert sich und die Zeit bis zum Echtbetrieb wird deutlich verkürzt. Mitarbeiterbeteiligung bietet den Betroffenen die Möglichkeit, an den Veränderungen, die den eigenen Arbeitsplatz betreffen, mitzuwirken. Sie haben die Chance, ihre Wünsche und Forderungen in die Gestaltung des zukünftigen Arbeitssystems einzubringen, was unter anderem zu der schon oben angesprochenen erhöhten Akzeptanz von Veränderungen führt.
Man gelangt dadurch zu einem optimalen Abgleich zwischen Technik, Mitarbeiter und Organisation und kann letztlich ganzheitliche Konzepte realisieren. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Verknüpfung von mitarbeiterorientierten Kleingruppenkonzepten mit Projektmanagementansätzen. Dadurch können gleichzeitig mitarbeiter- und verwaltungsbezogene Zielsetzungen verfolgt werden:
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Möglichkeit zur Mitwirkung bei Veränderungen, die den eigenen Arbeitsplatz betreffen
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Arbeitsbereicherung und i. d. R. auch der Erwerb neuer Qualifikationen
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Verbesserung der Arbeitsbedingungen
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Weniger Anlaufschwierigkeiten
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Bedarfsgerechte Problemlösungen
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Reduzierung des nachträglichen Anpassungsaufwands
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Vorausschauendes Erkennen und Lösen von Problemen
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Erschließ;en des Erfahrungswissens und der Kreativität der Mitarbeiter
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Mitarbeiter akzeptieren Veränderungen bereitwilliger
Mitarbeiterbeteiligung im Projekt
Der Projektstart zur Einführung eines VBS in der Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück wurde mit einer Informationsveranstaltung für die Führungskräfte begonnen. Neben der Beschreibung des Vorhabens, bestand ein wesentlicher Inhalt dieser Veranstaltung darin, die Beteiligten nach den Vorteilen und Schwierigkeiten, die sie bei der Einführung eines VBS sehen, zu befragen. Damit wurden einerseits wichtige Informationen für die spätere Projektarbeit gewonnen und andererseits wurde von Anfang an die Einbindung der Mitarbeiter deutlich gemacht.
Dies erleichterte den Einstieg in das Projekt. Durch die aktive Beteiligung der Führungskräfte und deren umfassende Information konnten die notwendigen Promotoren gewonnen werden. Die Behördenleitung kommunizierte die Relevanz und die Ziele des Vorhabens innerhalb der Verwaltung. Dadurch erhielt das Projekt einen angemessen Stellenwert und eine positive Aufmerksamkeit, was für die weitere Arbeit förderlich und notwendig war. Ein weiterer wesentlicher Punkt bestand in der Aufgabe der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter über das geplante Vorhaben zu informieren. Dadurch wurde die nötige Transparenz im Haus geschaffen.
Zeitnah zur ersten Informationsveranstaltung folgte die Identifikation möglicher und für die pilothafte Einführung eines VBS geeigneter Bereiche. Die letztendliche Auswahl der Pilotbereiche traf die Behördenleitung auf Basis der zuvor generierten Analyseerkenntnisse. Hierzu nutzte sie ein entsprechendes Instrument zur Gewichtung von Alternativen, um ihre Entscheidung transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Die Führungskräfte informierten die betroffenen Mitarbeiter umgehend.
Mit der Modellierung der Pilotprozesse wurde das Konzept des Prozessmanagements in der Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück vertieft. Dabei haben die beteiligten Mitarbeiter und Führungskräfte im Rahmen von Workshops zunächst ihre Arbeitsabläufe modelliert und diese anschließ;end gemeinsam optimiert. Durch die Modellierungsarbeit konnte mehr Transparenz geschaffen werden, als das bislang der Fall war.
Um die Anforderungen der Mitarbeiter an das VBS zu ermitteln, wurden Softwarepräsentationen und Teststellungen durchgeführt, an denen alle betroffenen Mitarbeiter und deren Führungskräfte teilgenommen haben. Dann wurden in verschiedenen Workshops die Anforderungen präzisiert. Dabei standen vor allem Fragen der Benutzbarkeit bzw. der Ergonomie im Vordergrund. Denn ein VBS sollte ein Werkzeug sein, welches die Arbeit unterstützt und erleichtert. Die Bedienbarkeit einer Software ist entscheidend dafür, wie gut sie von den Mitarbeiter akzeptiert und tatsächlich eingesetzt wird. Dies hat direkte Auswirkungen auf den Nutzen der Investition.
Der Workshop-Ansatz garantiert, dass die Mitarbeiter aktiv am Projekt beteiligt werden. Auch für die Einführung eines VBS ist es auß;erordentlich wichtig, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, den Einführungsprozess mitgestalten bzw. Einfluss nehmen zu können. Wenn Führungskräfte bei Workshops anwesend sind, muss darauf geachtet werden, dass jeder Mitarbeiter dennoch seine Sichtweise schildern kann und eine ausgeglichene Diskussion stattfindet. Dies stellt hohe Anforderungen an den Moderator oder das Moderatorenteam.
Die Vorgehensweise in diesem Projekt korrespondiert mit Erfahrungen aus anderen Projekten. Trotz aller Unterschiede hinsichtlich Projektzielen, Branchen, Laufzeiten o. Ä. zeigte sich auch in diesem Projekt, dass die Unerstützung und die Mitwirkung der Mitarbeiter und Führungskräfte für den Projektfortschritt und den Projekterfolg auß;erordentlich wichtig sind.
(Autoren: Prof. Dr. Klaus J. Zink; Ekkehard Musold)
Info: Klaus J. Zink, Ekkehard Musold, Stefan Behrens: „Prozessorientierte Einführung eines Vorgangs-Bearbeitungs-Systems in der kommunalen Verwaltung; Leitfaden zur Vorbevereitung einer mitarbeiterorientierten Einführung eines Vorgangs-Bearbeitungs-Systems“; ISBN: 978-3-939432-27-2
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