02.10.2019 – Kategorie: Geschäftsstrategie
Kundenabwanderung: Warum Identifizierung für die Automobilbranche so wichtig ist
Die Automobilindustrie erlebt derzeit nicht gerade Rückenwind: Disruption und Dieselgate wirbeln die erfolgsverwöhnte Branche durcheinander. Investitionen in Technologien wie E-Mobility und autonomes Fahren verschlingen hohe Summen. Gleichzeitig sinkt die Loyalität der Kunden und sie wandern ab – zur Konkurrenz mit günstigeren Angeboten oder zu Sharing-Diensten.
Mit den Entwicklungen in der Automobilbranche steigt die Relevanz der Bestandskunden, zumal es laut Harvard Business Review zwischen fünf- bis fünfundzwanzigmal teurer ist, einen neuen Kunden zu akquirieren, als einen existierenden zu halten. Die Unternehmensberatung Iskander Business Partner (IBP) hat ein Tool für die Kundenabwanderung in der Automobilbranche entwickelt, mit dessen Hilfe Abwanderungswahrscheinlichkeiten schnell und pragmatisch identifiziert werden können.
Kundenabwanderung durch stärkere Markenbindung entgegnen
Im Mittelpunkt des kundenzentrierten Ansatzes von IBP steht die Prämisse, dass das Eingehen auf individuelle Wünsche und Emotionen Kunden stärker an ein Unternehmen und dessen Marke bindet. Unternehmen müssen ermitteln, in welcher Phase des Produktlebenszyklus (PLZ) der Kunde die Entscheidung trifft, sich nicht länger an diese Marke zu binden.
Um dies herauszufinden, hat Iskander Business Partner ein adaptierbares, Excel-basiertes Modell mit Dashboard für die Automobilbranche entwickelt. Damit lassen sich Faktoren identifizieren, die sich negativ auf die Kundenbindung auswirken, sogenannte Churn Risiken. Besonders sinnvoll ist dieser Ansatz für Unternehmen, die sich bisher nur unstrukturiert oder gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben.
Indikatoren für eine höhere Kundenloyalität
Da Kunden während des kompletten PLZ vom Erstkauf über die Nutzung bis hin zum Verkauf abwandern können, werden für jede dieser Phasen mittels Hypothesen Churn Indikatoren identifiziert. Beispielsweise können die Anzahl der Produktbeschwerden oder die Kosten für Werkstattbesuche eine Rolle spielen. Die jeweiligen Indikatoren müssen im Rahmen von Workshops gemeinsam über Hypothesen ermittelt werden. Je höher der jeweilige Indikator ausgeprägt ist, desto höher ist auch die Churn Wahrscheinlichkeit.
Dem gegenüber stehen die Loyalitätsindikatoren, welche die Wahrscheinlichkeit senken, dass ein Kunde sich künftig gegen die genutzte Automarke entscheidet. Dazu gehören möglicherweise Rabatte auf den Listenpreis, eine enge Händlerbetreuung während der Kaufphase, Kulanzreparaturen oder die Nutzung von On-Top-Services. Alle Indikatoren werden anschließend gewichtet und ergeben so einen kundenindividuellen Churn Score.
Kundenabwanderung: Maßnahmenkataloge erstellen
Durch kontinuierliches Validieren mittels Datenerhebungen können im zeitlichen Verlauf Abwanderungsmuster erkannt werden. „Churn-Risiken werden dadurch identifizierbar. Dies ist die Basis für Maßnahmen, mit denen Unternehmen Kundenabwanderung sinnvoll bekämpfen können“, erklärt Philipp Aring, Berater bei IBP und einer der beiden Entwickler des Tools. „Mit unserer Methodik bescheren wir Unternehmen in kürzester Zeit einen messbaren Überblick darüber, wie es um ihre Kundenbeziehungen steht.“
Mittels Algorithmen und Hypothesenbildung werden die Churn-Indikatoren den betroffenen Kunden zugeordnet und entsprechende Maßnahmenkataloge abgeleitet. Maßnahmen beinhalten zum Beispiel Aktionen für Kunden, die ihr Fahrzeug außerplanmäßig zur Werkstatt geben mussten – wie eine kostenlose Autowäsche – und sollen Kunden das Gefühl einer aufmerksamen Betreuung vermitteln.
Kundenabwanderung: datengetriebene Churn-Steuerung umsetzen
Je nach Höhe des Churn Scores sind auch umfangreichere Service- oder Kompensationsleistungen denkbar. Prozessual muss die Wirksamkeit solcher Aktionen nachgelagert überprüft und ausgewertet werden. Wenn es Unternehmen gelingt, Kunden wieder ein Gefühl der Wertschätzung zu vermitteln, reicht das oft schon aus, um sie dauerhaft für die Marke einzunehmen. „Das Churn Prediction Tool ist ein erster Schritt zu einer vollständig datengetriebenen Churn-Steuerung“, erklärt Ben Büchle von Iskander Business Partner. „Im Idealfall wird eine selbstlernende Steuerungs-KI-Software sämtliche verfügbare Daten in Echtzeit auswerten und kundenindividuelle Kampagnen automatisch starten und aussteuern.“
Laut Angaben von McKinsey erwirtschaften Firmen, die Data-Analytics-Strategien nutzen, 126 Prozent mehr Gewinn. Gleichzeitig wirkt eine positive Customer Experience als Treiber für eine stärkere Markenbindung. Schon geringe Rückgänge in den Abwanderungsraten der Kunden bedeuten zusätzliche Gewinne in Millionenhöhe. Alles gute Gründe, sich eingehend mit Churn Prediction zu beschäftigen – nur so kann die Branche bald wieder Rückenwind gewinnen. (sg)
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