22.07.2021 – Kategorie: Digitale Transformation
Kulturwandel – der praktische Schlüssel zur digitalen Transformation
Die digitale Transformation ist eine komplexe Herausforderung, vor der fast jedes moderne Unternehmen steht. Unabhängig von der Branche, erfordert die digitale Welt einen neuen Ansatz. Der Übergang dahin ist die digitale Transformation, die nur mit einem ganzheitlichen Kulturwandel gelingt. Ein Gastbeitrag von Anna Zarudzka, Gründerin von Boldare.
Der Begriff digitale Transformation geht oft Hand in Hand und wird mit Worten wie agil, effizient, kreativ, nutzerzentriert und kundenorientiert beschrieben. Demnach muss der digitale Transformationsprozess vor allem aus einer praktischen Perspektive betrachtet werden. Für mich besteht dieser Prozess, der einen Kulturwandel darstellt, aus zwei Teilen: Zum einen bezieht er sich zum einen auf den Wechsel von analog zu digital in Produkten und Dienstleistungen, zum Beispiel den Wechsel von einer Telefonnummer für den Kundenservice hin zu einem KI-gesteuerten Chatbot zur Beantwortung von Anfragen. Zum anderen umfasst er die Nutzung digitaler Technologien, um Geschäftsmodelle und Prozesse zu aktualisieren und zu rationalisieren.
Kulturwandel: Nach außen und nach innen gerichtete Transformation
Die eine Transformation ist nach außen gerichtet, ein Wandel der Art und Weise, wie Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen erleben; die andere ist intern und konzentriert sich darauf, wie hinter den Kulissen gearbeitet wird. Der Schlüssel ist, sich daran zu erinnern, dass in Bezug auf die digitale Transformation beide Praktiken wesentliche Komponenten sind. Die digitale Transformation nach außen kann durch verschiedene Faktoren getrieben sein, basierend auf den Erwartungen der Kunden oder Nutzer, gesellschaftlichen Veränderungen, wirtschaftlichen Realitäten, der Disruption einer Branche oder einfach das unaufhaltsame digitale Zeitalter, in dem wir uns befinden. Aber das ultimative Ziel ist immer die Optimierung – etwa des Kundenerlebnisses, der Geschäftsprozesse oder der digitalen Gebrauchstauglichkeit.
Digitale Transformation muss Hindernisse für Veränderungen angehen
Bei einer digitalen Transformation ist es nur allzu leicht und verlockend, sich auf die technologischen Aspekte der Veränderung zu konzentrieren. Die Technologie ist jedoch nur ein Oberflächenthema und spiegelt, wie eingangs erwähnt, nur die Hälfte des Prozesses wider. Eine echte Transformation muss die Hindernisse für Veränderungen angehen, wie interne Trägheit, Altsysteme und Prozesse. Mit anderen Worten: die bestehende Unternehmenskultur. In der Tat nennt die PwC-Studie „Industry 4.0: Building the digital experience“ den „Mangel an digitaler Kultur“ als die größte Herausforderung, vor der Unternehmen derzeit stehen.
Wie genau äußert sich ein „Mangel an digitaler Kultur“? Die folgenden Punkte könnten darauf hindeuten, was das genau bedeutet:
- Innovation, Risikobereitschaft, neue Ideen und disruptives Denken sind unter den Mitarbeitenden unüblich.
- Die Entscheidungsfindung ist ein langsamer Prozess, die im Rahmen einer Top-Down-Mentalität getroffen werden, und nur wenige Entscheidungen beruhen auf Daten und Analysen.
- Es herrscht keine Akzeptanz in Bezug auf Fehler, die gemacht werden.
- Manager und Teams neigen dazu, in Silos zu arbeiten; funktionsübergreifende Zusammenarbeit ist selten.
- Das Unternehmen ist nach innen gerichtet, mit wenigen oder keinen externen Partnerschaften.
- Wenn man vor einer Herausforderung steht, ist die digitale Option selten der Standard.
- Die Kundenbedürfnisse stehen nicht im Mittelpunkt der Geschäftsstrategie.
Kulturwandel als Basis für die digitale Transformation
Die PwC-Studie verknüpft die digitale Transformation eng mit der Kultur einer Organisation. Was auch immer wir in Richtung Digitalisierung nach innen und außen tun, hat Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Was auch immer wir tun, um die Unternehmenskultur zu verändern, wird sich auf die digitale Transformation auswirken – diese beiden Aspekte lassen sich nicht voneinander trennen.
Die Idee, eine Organisation als ein komplexes soziales System (im Gegensatz zu einer Art Maschine) zu betrachten, begann in den 1960er-Jahren mit dem deutschen Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann. Aus seiner Perspektive kann die Organisationskultur nicht direkt verändert oder beeinflusst werden. Echte Kulturveränderung entsteht nur durch Entscheidungen und Veränderungen bezüglich der Faktoren, die zur Gesamtkultur beitragen. Dazu gehören folgende Faktoren
- Ausrichtung: Unternehmensvision, Strategie, Richtlinien, Preisgestaltung, etc.
- Kommunikation: Organisationsstruktur, Hierarchie, Rollen und Verantwortlichkeiten, regelmäßige Meetings, Kommunikationsmittel, etc.
- Personal: Nicht die Mitarbeitenden, sondern deren Qualifikationen und die möglichen Karrierewege, die ihnen offenstehen.
Jede Entscheidung oder Änderung an einem dieser drei Elemente hat Auswirkungen auf die Organisationskultur – also das System als Ganzes.
Kulturwandel in der praktischen Umsetzung
Doch was genau bedeutet der Kulturwandel hinsichtlich einer digitalen Transformation in der Praxis? Das wesentliche Merkmal ist, dass ein Unternehmen oder eine Organisation das Vertrauen und die Akzeptanz der Mitarbeitenden zu sämtlichen Veränderungen im Rahmen eines digitalen Wandels gewinnen muss. Verantwortliche müssen Entscheidungen transparent und mit der Möglichkeit zum Austausch darüber treffen. Des Weiteren ist eine offene Fehler- und Feedbackkultur unerlässlich, um den Kulturwandel wirklich umzusetzen. Formate wie Retrospektiven, die Raum für Lob, Sorgen und Kritik schaffen, unterstützen den Wandel hin zu einer selbst organisierten und aktiven Belegschaft. Diese fühlt sich dan in das Unternehmen eingebunden.
Ideen, die unter den Mitarbeitenden entstehen und das Unternehmen oder deren Leistungen und Produkte voranbringen, finden in einer Kultur des aktiven Austauschs wesentlich leichter den Weg in die Entscheider-Ebene oder können im Rahmen agiler Teams schneller umgesetzt werden. Ein Kulturwandel geht auch stets einher mit der differenzierteren Betrachtung der individuellen Fähigkeiten der Mitarbeitenden und ihres persönlichen Einsatzes in Projekten und Gebieten, in denen diese gebraucht werden. So werden die Grenzen von Abteilungen und festgefahrenen Strukturen langsam aufgelöst – hin zu einem lebendigen und bedarfsorientierten Nutzen der Expertise der Mitarbeitenden.
Digitale Transformation: Wie das große Ganze auf praktischen Details aufbaut
Angesichts einer immer komplexer werdenden Welt, in der Verbrauchern und Kunden zunehmend auf bequeme digitale Interaktion bestehen, sehen sich alle Unternehmen früher oder später mit der Notwendigkeit der digitalen Transformation konfrontiert. Dies ist jedoch nicht nur eine Herausforderung für die IT-Abteilung oder den ausgelagerten Technologielieferanten. Die digitale Transformation ist eine Veränderung, die das gesamte Unternehmen betrifft – also das komplette System – und deshalb reicht es nicht aus, einfach nur neue Technologien hinzuzufügen.
Die digitale Transformation beruht auf einer kulturellen Transformation, und diese hängt von wichtigen Änderungen der Ausrichtung ab, der sich die Organisation verschrieben hat. Das schließt die Art und Weise, wie intern und extern kommuniziert wird, mit ein. Ebenso die Fähigkeiten und Kompetenzen, auf die das Unternehmen zugreifen kann.
Vor allem aber ist die digitale Transformation ein Weg, die Möglichkeiten und Chancen neuer Technologien und deren Auswirkungen schneller, besser und innovativer zu nutzen. Aber, wie das Sprichwort sagt: “Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einzigen Schritt”. Fangen Sie klein an und seien Sie sich der Bedeutung jedes Ihrer digitalen Projekte im großen Kontext des digitalen Wandels bewusst.
Über die Autorin: Anna Zarudzka ist Serien-Gründerin und Co-Geschäftsführerin von Boldare, einer Agentur für digitales Produktdesign und -entwicklung. Vor zwölf Jahren eroberte sie den IT- und Dienstleistungssektor mit der Gründung ihrer Webdesign-Agentur Chilid im Sturm. Dort arbeitete sie unter anderem mit Marken wie Virgin Radio, Bla Bla Car und Tui zusammen. Im Jahr 2018 fusionierte sie Chilid erfolgreich mit der Schwesterfirma XSolve (beides holokratische Unternehmen). Dann gründete sie mit Boldare eine Firma, die sich auf Softwareentwicklung, UX- und UI-Design, Scrum und Geschäftsentwicklung spezialisiert hat. Darüber hinaus ist Anna Zarudzka eine angesehene Rednerin und Botschafterin für Laika Communications GmbH. (sg)
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