11.11.2021 – Kategorie: Digitale Transformation
Künstliche Intelligenz: Wie Versicherer ihre Kunden besser verstehen
Vertrauen ist das Kerngeschäft der Versicherungsbranche. Doch scheuen viele deutsche Versicherer immer noch davor zurück, künstliche Intelligenz im Vertrieb einzusetzen.
Andere Branchen haben längst bewiesen: Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz ist inzwischen unverzichtbar, um auf die Bedürfnisse der Kunden besser eingehen zu können. Verbraucher sind es inzwischen gewohnt, im Internet Bücher und Elektrogeräte zu bestellen. Oder Reisen zu buchen, Filme zu streamen oder Bankgeschäfte zu erledigen. Sie schätzen es, mehr Auswahl zu haben und besser vergleichen zu können. Der oftmals gute und individuelle Customer Experience hat die Erwartungen von Kunden insgesamt erhöht.
Der Onlinehandel hat sich längst auf diese Tatsache eingestellt und lotet mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) immer mehr Möglichkeiten aus, um die Kunden besser zu verstehen und ihnen ein personalisiertes Einkaufserlebnis zu bieten. Die Versicherungsbranche insbesondere in Deutschland ist jedoch zurückhaltend, was den Einsatz dieser Technologien im Vertrieb angeht.
Vertrieb neu gestalten durch künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz verursacht keineswegs weniger Kundennähe. Im Gegenteil: KI ermöglicht es Versicherern, ihren Vertrieb neu zu gestalten. Hierbei ist die Customer Experience individuell an die Kunden angepasst und diese werden mit maßgeschneiderter Beratung langfristig gehalten. Die dafür notwendigen Technologien sind bereits als Cloud-basierte SaaS-Lösungen auf dem Markt. Diese können in kurzer Zeit mit begrenztem technischem Know-how implementiert werden – in nahezu allen Schritten der gesamten Wertschöpfungskette.
Im Vertrieb zum Beispiel kann ein Versicherer mit KI-Unterstützung Leistungsangebote erstellen, die sich an den Lebensmomenten der Kunden orientieren. Die Algorithmen werten dafür personenbezogene und nicht-personenbezogene Daten in Echtzeit aus und führen entsprechende Bedarfsanalysen durch. Jede Interaktion zwischen (potenziellen) Versicherten und Versicherern über direkte oder auch digitale Kanäle generieren Daten. Diese sind für Vermittler die Basis für ein personalisiertes Kundenerlebnis und passende Produktempfehlungen. Dies sind die Voraussetzungen für einen besseren und erfolgreicheren Vertrieb: Die Kunden erwarten ein individuell auf sie zugeschnittenes Kundenerlebnis, fühlen sich besser verstanden und Versicherer können ihre Wünsche bestmöglich erfüllen. Und somit ist der Weg für eine langjährige Beziehung mit den Kunden geebnet.
KI-basierte Empfehlungen für passende Versicherungen
In der Praxis sieht das beispielsweise so aus: Ein Virtual Assistant auf Basis künstlicher Intelligenz bereitet den Versicherungsvermittlern Erkenntnisse über die Präferenzen der Kunden zu unterschiedlichen Produkten auf. Die künstliche Intelligenz analysiert das Gespräch in Echtzeit und gibt darauf basierend eine Empfehlung über das am besten passende Versicherungsprodukt, in Kombination mit triftigen Verkaufsargumenten.
Um eine KI zu trainieren und einzusetzen, muss die Versicherungswirtschaft allerdings zumeist auch personenbezogene Daten einbeziehen. Hier gelten die Vorgaben der DSGVO: Der Versicherer darf Daten beispielsweise nur anonymisiert oder nach ausdrücklichem Einverständnis verarbeiten. Auch branchenspezifische Vorgaben wie die Vermittlerrichtlinie „Insurance Distribution Directive“ (IDD) gilt es zu beachten. Daher kann eine künstliche Intelligenz, die zugelassen wird, keine Black Box sein.
Die Profiling- und Entscheidungssysteme müssen stets nachvollziehbar sein, sowohl aus Sicht der künstliche Intelligenz einsetzenden Unternehmen als auch aus Sicht der Kunden (Art. 22 DSGVO). Die zugelassenen Systeme sind ausreichend transparent, gewährleisten die Verbraucherrechte und verursachen keine Diskriminierung. So haben Verbraucher beispielsweise das Recht, den konkreten Grund zu erfahren, aus dem ein Antrag abgelehnt wurde.
Künstliche Intelligenz ermöglicht personalisierte Customer Experience
Mit einer auf ihre Branche zugeschnittenen KI-Lösung können Versicherer somit ein flüssiges und personalisiertes Erlebnis entlang der gesamten Customer Journey anbieten – von der Ermittlung des Produkt- und Dienstleistungsbedarfs über den Verkauf bis hin zum Underwriting. Vermittler:innen sind dazu in der Lage, ihre operative und kommerzielle Effizienz zu verbessern, was nachweislich zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit führt – und es ist an der Zeit, dass Unternehmen diese Möglichkeiten stärker einsetzen.
Über den Autor: Christophe Bourguignat ist Chief Executive Officer (CEO) und Co-Founder von Zelros. Er gründete das Unternehmen 2016 in Paris zusammen mit Fabien Vauchelles und Damien Philippon mit der Vision, ein auf die Versicherungsbranche spezialisiertes Software-Unternehmen aufzubauen. Sein Ziel ist es, die Digitalisierung in Versicherungsunternehmen voranzutreiben, deren Vertrieb sowie die Customer Journey zu optimieren. Zudem gründete er FrenchData im Jahr 2016, einen einflussreichen Think Tank zur Förderung der französischen Datenszene. Zuvor war er unter anderem bei der Versicherungsgruppe AXA als Big Data Lead tätig. Er besitzt eine 20-jährige Expertise im IT-Bereich, mit besonderem Fokus auf künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Cyber Security und Big-Data-Technologien. Christophe verfügt zudem über einen Master of Science in Ingenieurwissenschaften von der französischen Ingenieurschule CentraleSupelec. (sg)
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