07.12.2022 – Kategorie: Geschäftsstrategie

Künstliche Intelligenz: Deutsche Unternehmen zögern noch bei der Umsetzung

Quelle: stnazkul - adobe.stock.com

Laut der neuen Studie „State of AI in the Enterprise“ von Deloitte schätzen weltweit die Unternehmen die künstliche Intelligenz für ihre eigene Zukunftsfähigkeit signifikant höher ein als in Deutschland. Insbesondere bei KI-Kultur und -Leadership sind deutsche Unternehmen weit abgeschlagen.

  • Die neue Studie „State of AI in the Enterprise“ von Deloitte zeigt, dass weltweit die Unternehmen die künstliche Intelligenz für ihre eigene Zukunftsfähigkeit signifikant höher einschätzen als in Deutschland.
  • Überproportional viele deutsche Firmen sind als sogenannte Transformer klassifiziert, die meisten erfüllen die Kriterien aber nur knapp.
  • Insbesondere bei der KI-Kultur und -Leadership liegt die deutsche Wirtschaft weit abgeschlagen: Der Untersuchung zufolge ist das Thema KI in Deutschland noch nicht wirklich auf dem C-Level der Unternehmen angekommen.

Weltweit wächst der Markt für Anwendungen, die künstliche Intelligenz integriert haben, rasant. Allerdings räumen Unternehmen in Deutschland der Bedeutung des Themas für ihre wirtschaftliche Zukunftsrelevanz noch nicht den Stellenwert ein, der in anderen Ländern vorherrscht. Zu diesem Ergebnis kommt die fünfte Ausgabe der jährlichen Studie „State of AI in the Enterprise“. Darin untersucht Deloitte, wie Unternehmen sich einen Weg in eine neue Zukunft voller unerschlossener Wertquellen bahnen.

Wie nutzen Führungskräfte das Potenzial von KI, um den Wert ihrer Unternehmen in großem Umfang zu steigern? Wo sind deutsche Unternehmen führend, und was fehlt ihnen? Für die Studie gewährten 2.620 KI-Experten Einblick zum aktuellen Stand der künstlichen Intelligenz in ihren Unternehmen. In Deutschland wurden 150 Interviews durchgeführt. Alle Befragten stammen aus Unternehmen, die bereits künstliche Intelligenz eingeführt haben. Die Fragen richteten sich ausschließlich an Führungskräfte mit unmittelbarer Verantwortlichkeit für KI-Strategie. Sowie deren Leitung, Budgetierung oder Beaufsichtigung bei der Implementierung, ergänzt von qualitativen Telefoninterviews mit Fachexperten.

Künstliche Intelligenz: Deutschland steht noch am Anfang der Ära

„Auch in unserem diesjährigen Bericht müssen wir eindeutig feststellen, dass wir uns in Deutschland erst am Anfang des Age of With befinden, der Ära der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Wir sehen aber sehr wohl gute Anzeichen dafür, dass deutsche Unternehmen immer mehr die Chancen der KI erkennen. Zugleich weisen die Ergebnisse darauf hin, dass deutsche Unternehmen zwar in einigen Bereichen gut positioniert sind“, erklärt Dr. Björn Bringmann, Leiter AI Institute bei Deloitte.

„Andere – und wichtige – Bereiche geben jedoch Anlass zur Sorge. Insbesondere die Aufhängung des Megathemas künstliche Intelligenz bei deutschen Vorständen ist – um es nett zu sagen – noch ausbaufähig. Und überdies dringend geboten, um dieser Technologie beizeiten die Bedeutung beizumessen, die sie verdient. Das hat man in allen anderen befragten Ländern längst erkannt und handelt entsprechend.“

künstliche Intelligenz Deloitte
Dr. Björn Bringmann ist Leiter AI Institute bei Deloitte. (Bild: Deloitte)

KI-Anwendungen weltweit auf dem Vormarsch

Eines ist klar: Die Zukunft mit massiver Anwendung von Künstlicher Intelligenz kommt unaufhaltsam und ist unverzichtbar. Der weltweite Markt für künstliche Intelligenz entwickelt sich weiterhin rasant. Durchschnittlich 94 Prozent der global Befragten gaben übereinstimmend an, dass diese Technologie wichtig für die Zukunft ihrer Unternehmen ist. Höchstwerte kommen hier aus Südafrika (99 Prozent), Indien (98 Prozent), Brasilien (97 Prozent) und China (96 Prozent). Deutsche Unternehmen geben hingegen das Schlusslicht. Nur 87 Prozent der deutschen Befragten halten KI-Lösungen in den nächsten fünf Jahren für wichtig.

Vielleicht hat dies auch an mit der inneren Einstellung der Deutschen gegenüber KI zu tun: So zeigen sich hierzulande 52 Prozent der Befragten besorgt über die manipulative Macht von KI, während dies im weltweiten Durchschnitt nur 41 Prozent so sehen. Die Hälfte der deutschen Befragten fürchten KI zudem als Jobkiller, global tun dies nur 38 Prozent. Dennoch ist KI natürlich auch in Deutschland schon am Werk, sei es bei Spracherkennung, -steuerung und -assistenz, oder bei intelligenter Automation. Weitere wichtigste KI-Anwendungen sind Text-Chatbots, Biometrik, Intelligente Prozessautomatisierung, Maschinelles Sehen, Sprachagenten und Sprachverarbeitung.

Große Unterschiede zwischen Deutschland und internationalem KI-Level

Es ist zu beobachten, dass Deutschland in einigen Bereich noch viel Entwicklung ín der künstlichen Intelligenz vor sich hat. In anderen wiederum den Zenit des Entwicklungsbedarfs bereits überschritten hat. Vor allem im Bereich der optisch gestützten Maschinenaufgaben – wie etwa Qualitätskontrolle oder Gesichtserkennung – sehen die Befragten zu 32 Prozent in den kommenden drei bis fünf Jahren eine hohe Relevanz. Für den Zeitraum fünf bis zehn Jahren sind es schon 41 Prozent. Auch bei Simulationen, etwa mit Digital Twins, liegt die Steigerungserwartung ähnlich hoch. Bei Anwendungen wie Intelligenter Automatisierung, Cybersecurity und Empfehlungssystemen hat er jedoch seinen Höhepunkt schon erreicht. Und dürfte sich in den kommenden zehn Jahren laut der Befragung relativ stagniert oder rückläufig entwickeln. Dies gilt als Zeichen, dass die Entwicklung in diesem Bereich weitgehend als abgeschlossen und integriert betrachtet wird, was insbesondere hinsichtlich Cybersecurity Sorgen bereitet.

Auch bei den KI-Investitionen klafft die Schere zwischen Global und Deutschland auseinander. Im Durchschnitt berichten 76 Prozent der Befragten weltweit von einer Zunahme der KI-Investitionen, verglichen mit 70 Prozent der deutschen Befragten. „Es besteht das Risiko, dass deutsche Unternehmen das Potenzial von KI im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern nicht ausreichend nutzen“, sagt Bringmann. „Unternehmen in anderen Ländern sehen in der Technologie künstliche Intelligenz eher einen Schlüssel zum künftigen Erfolg. Und zahlen mit ihren KI-Investitionen stärker auf die Zukunft ein als hierzulande.“

Deutsche Unternehmen sind Transformer

In diesem Jahr sieht die Untersuchung überproportional viele Organisationen aus Deutschland, die mit stärksten KI-Ergebnissen assoziiert werden, also viel künstliche Intelligenz nutzen und auch Ziele damit erreichen, die sogenannten Transformer. Hier belegt Deutschland den dritten Platz unter den 13 untersuchten Länder. Diese Position wirkt auf den ersten Blick ermutigend, ist jedoch trügerisch. Zum einen erfüllen die meisten deutschen Transformer die geforderten Kriterien in der Studie nur sehr knapp. Das bedeutet, dass ihre gute Platzierung in dem von rapider Veränderung geprägten KI-Umfeld eher nicht beständig sein wird. Und sie infolgedessen verstärkt Gefahr laufen, weiter zurückzufallen.

Zum anderen zeigen die Ergebnisse, dass viele deutsche Unternehmen es offenbar versäumt haben, die Grundlagen für eine nachhaltige Nutzung von KI zu schaffen. Hier fallen insbesondere die Themen Kultur und Führung auf, bei denen Deutschland durchgehend schlecht abschneidet und bei mehr der Hälfte der Themen auf dem letzten Platz liegt. Das liege auch am mangelnden Verständnis und unzureichender Verankerung von KI als Thema in der Vorstandsetage, ist Dr. Bringmann überzeugt. 

Künstliche Intelligenz gehört in den C-Level

„Wenn Sie glauben, dass etwas fundamental für Ihr Geschäft wird, dann siedeln Sie es nicht irgendwo unten in der Organisation an. Es geht heute nicht mehr um die Einführung von KI oder lediglich die Automatisierung von Prozessen aus Effizienzgründen. Es geht jetzt darum, Werte zu schaffen, Ergebnisse zu erzielen und das Potenzial der künstlichen Intelligenz zu nutzen, um neue Möglichkeiten für unsere Unternehmen, unsere Mitarbeiter und unsere Gesellschaft im Allgemeinen zu schaffen. Und es geht darum, die Beschränkungen der bisherigen Geschäftspraktiken zu überwinden, um den Anschluss an den internationalen Level nicht zu verlieren“, so der Leiter des Deloitte AI Instituts abschließend.

Deloitte ist Dienstleister in den Bereichen Audit und Assurance, Risk Advisory, Steuerberatung, Financial Advisory und Consulting und damit verbundenen Dienstleistungen. Die Rechtsberatung wird in Deutschland von Deloitte Legal erbracht. Das weltweite Netzwerk von Mitgliedsgesellschaften und verbundenen Unternehmen in mehr als 150 Ländern erbringt Leistungen für vier von fünf Fortune Global 500-Unternehmen. (sg)

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