23.09.2022 – Kategorie: Digitale Transformation
Enterprise Service Management: Prozesse optimieren, Kosten senken
Ein Facility-Management-Dienstleister wollte seine Serviceprozesse digitalisieren. Nach sechs Monaten waren 150 Personentage verbraucht, die Kosten stiegen und kein Prozess funktionierte stabil. Das Unternehmen wandte sich an einen Spezialisten für Enterprise Service Management (ESM). Dessen Fachleute brachten das Projekt zügig zum Abschluss.
Solche Situationen passieren leider oft: Unternehmen planen ein Enterprise Service Management-Projekt, haben dann aber oft mit unrealistischen Aufwandsabschätzungen der beauftragten IT-Dienstleister zu kämpfen. Diese wollen das Projekt oft einfach nur verkaufen und übersehen häufig, wie viel Manpower solche Projekte in der Realität beanspruchen. Sie glauben, das ganze quasi im Vorbeigehen miterledigen zu können.
Enterprise Service Management: Mehr als nur neue IT
So kommt es, dass der Dienstleister dem Kunden während des Projektes gar keinen festen Anlaufpunkt im Entwicklungsteam bereitstellen kann. Technische Anfragen verlaufen dann im Sande oder müssen erst umständlich und über den Umweg der Projektleitung kanalisiert werden. Und auch eine Dokumentation der jeweiligen Projektschritte, auf deren Grundlage die Mitarbeiter selbstständig arbeiten könnten, sucht man meist vergebens. Entsprechend groß ist der Frust, wenn das IT-Projekt in Schieflage gerät und man die Software gar nicht nutzen kann, obwohl bereits permanent Lizenz- und Wartungskosten anfallen.
In dieser Lage befand sich auch der bereits genannten Facility-Management-Dienstleister, der daraufhin einen ESM-Spezialisten beauftragte, welcher mittels einem dualen Ansatz aus Beratung und Entwicklung, realistischen Aufwandseinschätzungen und mehrstufigen Angeboten regelmäßig bei der Rettung festgefahrener IT-Projekte antritt und diese wieder auf die richtige Schiene bringt. So auch im vorliegenden Fall. Der Kunde hatte eine ESM-Lösung gekauft, um damit ein bestehendes Tool abzulösen. Ein umfassendes Enterprise Service Management sollte mit der Software aufgesetzt werden, das auch IT-fremde Prozesse umfasst, zum Beispiel aus dem Bereich Human Resources. Nach sechs Monaten ausbleibenden Erfolgs zog das Unternehmen dann die Notbremse.
Kaum etwas war stringent zu Ende gebracht
Zunächst einmal wurde eine Bestandsaufnahme gemacht. Vier Phasen der Entwicklung waren ursprünglich vorgesehen: Die notwendigen Prozesse bis zum Go-Live des Release 0, Change-Management-Prozesse, Onboarding-Prozesse und Schnittstellen. An jeder war herumgedoktert worden, aber keine war stringent zu Ende geführt. Bildlich gesehen stand das Haus in Teilen, aber der Wind zog überall durch. Und die Frage stand im Raum: „Wofür wurden eigentlich bislang 150 Personentage fakturiert?“
Ein großes Manko waren unter anderem die Fulfillment-Prozesse für Shop-Angebote sowie der generelle Changemanagement-Prozess, den es praktisch nicht gab. Die LDAP-Anbindung mit der Authentifizierung fehlte ebenso wie die User-Synchronisation. Schulung und Workshops waren noch nicht durchgeführt worden, so dass eigentlich niemand wusste, was ihn mit dem neuen ESM-Tool erwartet. Auch die mobile Anwendung war noch nicht angepasst. Im Prinzip existierte das komplette Deployment nicht, von der Entwicklung über die Tests bis zur Produktion.
Enterprise Service Management: Den Scope verkleinern
In dieser Situation hilft nur eins: Den Scope verkleinern und sich davon verabschieden, jeden aufgenommenen Faden sofort zu Ende spinnen zu können. Der Münchner ESM-Spezialist machte sich also daran, zunächst einmal das Basissystem technisch zum Laufen zu bringen, mit grundlegenden Prozessen wie Anmeldung und mobilem Zugriff. Auch die wichtigen Bestellprozesse (von Soft- und Hardware über Services bis zur Arbeitskleidung) wurden neu installiert. Zehn Onboarding-Prozesse im HR-Wesen waren bis dato nur rudimentär beschrieben und noch rudimentärer aufgesetzt. Hier wurde für eine deutliche Vereinfachung dieser Prozesse gesorgt: Anstelle von Prozesssteuerung der Aktivitäten setzte das Team auf eine einfachere Ablaufsteuerung der Requests. Außerdem wurden die fehlenden Workshops nachgeholt und wichtige Schnittstellen der Software (zu einer Workflow-Managementlösung, zum Event-Managementsystem, zur Softwareverteilung) implementiert.
Doppelter Output in der Hälfte der Zeit
Am Ende wurden alle vier Entwicklungsphasen wieder in eine ordentliche Reihenfolge gebracht. Rund ein Drittel dessen, was bisher erledigt worden war, ließ sich für die Fortsetzung des Projektes verwenden, der Rest wurde neu aufgesetzt. Dies gelang aber dann in nur noch der Hälfte der Zeit, die der vorangehende Dienstleister dafür aufgebracht hat.
Kunden sollten sich daher, wenn sie ein ESM- oder anderes IT-Projekt planen, immer vergewissern, dass auch die technischen Ansprechpartner*innen beim IT-Dienstleister stets greifbar sind. Außerdem sollte man iterativ vorgehen – besser nach und nach kleine Projektziele setzen und live schalten, als auf den Big Bang hinarbeiten. Das heißt: Im Idealfall wird zunächst eine Mindestbasis geschaffen – eine Standardinstallation zum Festpreis mit kundenspezifischen Standard-Customizings. Von dieser Basis kann man dann agil und peu á peu weiter aufstocken. Der Facility-Management-Dienstleister hat seine Lektion aus dem Projekt gelernt: Wenn man eine solche IT-Einführung nur nebenbei betreibt und nicht darauf fokussiert ist, läuft sie aus dem Ruder. Gut, dass am Ende das Schiff trotzdem wieder auf Kurs gebracht werden konnte.
Der Autor Markus Obser ist geschäftsführender Gesellschafter der handz.on GmbH.
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