23.02.2022 – Kategorie: Human Resources
Effiziente Zusammenarbeit: Wie es auch ohne Meetings funktioniert
Weniger Anrufe, E-Mails und Besprechungen – das ist die Wunschliste vieler Mitarbeiter. Führungskräfte verbringen 23 Stunden pro Woche in Besprechungen, obwohl rund 70 Prozent Meetings für unproduktiv und ineffizient halten. Um dieses Problem zu lösen, gäbe es einen einfachen Schritt: Meetings konsequent abschaffen. Das hat das Digitalstudio TheSoul Publishing getan, als es seine „no-meetings“-Richtlinie eingeführt und gleichzeitig interne E-Mails verboten hat. Mit erstaunlichen Erkenntnissen.
Anstatt die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren, nutzen die meisten Unternehmen Meetings im Übermaß. Besprechungen können schnell zu einem „Eile mit Weile“-Szenario führen, bei dem die Mitarbeiter dazu neigen, Aufgaben bis zur nächsten Besprechung aufzuschieben. Dies bedeutet, dass Besprechungen nicht nur die Produktivität und eine effiziente Zusammenarbeit behindern, sondern auch zu einem Mangel an Transparenz führen, denn Besprechungen hinter verschlossenen Türen können sich auch negativ auf die interne Kommunikation auswirken.
Effiziente Zusammenarbeit: Jeder Mitarbeiter tickt anders
Führungskräfte müssen erkennen, dass jeder Mitarbeiter auf seine eigene Weise arbeitet. Wenn jemand beispielsweise morgens am produktivsten ist und sie ihm zu dieser Zeit eine Besprechung in den Kalender eintragen, vergeuden sie die produktivste Zeit des betreffenden Mitarbeiters. Die Abschaffung von Besprechungen gibt den Mitarbeitern hingegen die Möglichkeit, ihre Aufgabenlisten selbst zu verwalten und die Dinge effizienter zu erledigen, anstatt sich an einen festen Zeitplan halten zu müssen.
Wie man Meetings abschafft und was dabei zu beachten ist
Ursprünglich hat TheSoul seine „no-meetings“-Policy eingeführt, weil 80 Prozent der weltweit rund 2.400 Mitarbeiter remote und aus der Ferne arbeiten. Bei dieser Art von Unternehmensstruktur waren persönliche Treffen keine effektive Form der Zusammenarbeit. Wenn Teams über verschiedene Zeitzonen verstreut sind, wird jedes Treffen für irgendjemanden immer außerhalb der Geschäftszeiten stattfinden.
Viel erfolgreicher und effizienter ist dagegen der Wechsel zu einer asynchronen Kommunikation, die sich an einem allgemeinen Projektzeitrahmen orientiert. Asynchrone Kommunikation innerhalb einer Belegschaft bedeutet, dass nicht alle Mitarbeiter zu regelmäßigen Besprechungen zusammenkommen und dass keine sofortige Reaktion auf eine E-Mail oder eine andere Mitteilung erforderlich ist. Im Grunde haben die Mitarbeiter die Kontrolle darüber, wann sie mit ihren Kollegen kommunizieren, was insbesondere, aber nicht nur, für dezentrale Organisationen ideal ist.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz für eine effizientere Zusammenarbeit der Mitarbeiter ist eine radikale Transparenz. In einem stark dezentralisierten Umfeld ist es unerlässlich, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Dazu müssen sie ausreichend Zugang zu Informationen über alle Projekte, sowie über das Unternehmen selbst haben. Aus diesem Grund hat TheSoul auch interne E-Mails verboten. E-Mails sind das Gegenteil von Transparenz, da der Austausch nur innerhalb einer geschlossenen Gruppe sichtbar ist.
Die effizientere Art, in einer Gruppe zu kommunizieren, ist die Informationen online zu stellen und die Verlagerung des Informationsaustauschs auf schriftliche Formate, so dass sich die Mitarbeiter in ihrem eigenen Tempo auf den neuesten Stand bringen können. Aus diesem Grund werden die meisten unserer Projekte schriftlich verwaltet und über eine gemeinsame Plattform zur Verfügung gestellt. So hat jeder den gleichen Zugang und sofortige Aktualisierungen, wodurch persönliche Treffen oder eine umfangreiche Kommunikation per E-Mail überflüssig werden.
Obwohl es einfach klingt, erfordert ein Besprechungsverbot Voraussicht und Planung. Und eine asynchrone Kommunikation muss in die Unternehmenskultur eingebettet sein. Alles beginnt mit der Rekrutierung von Mitarbeitern, die bereit sind, diese Ansätze zu übernehmen und die alte Arbeitsweise aufzugeben. Es gibt eine Lernkurve, die alle neuen Mitarbeiter bewältigen müssen, bevor sie sich auf diese Art von einzigartigem Arbeitsprozess einlassen.
Die Ausnahme
Obwohl Meetings bei TheSoul generell abgeschafft sind, wird es immer einige Ausnahmen von der Regel geben. In besonderen Fällen sind Besprechungen erlaubt, aber nur nach klaren Richtlinien. Zunächst müssen die Mitarbeiter versuchen, das Problem über die Projektmanagementsoftware zu lösen. Gelingt dies nicht, kann er oder sie mindestens 24 Stunden im Voraus eine Besprechung mit zwei Personen für höchstens dreißig Minuten anberaumen. Nach der Besprechung muss deren Inhalt detailliert dokumentiert werden. Dieses umfassende Verfahren motiviert die Mitarbeiter, Probleme möglichst ohne Besprechung zu lösen.
Vorteile des Meeting-Verbots (für eine effiziente Zusammenarbeit)
Die Abschaffung von Besprechungen kann die Effizienz und Produktivität steigern und gleichzeitig sicherstellen, dass die Mitarbeiter ihre Zeit mit dem verbringen, was sie am besten können, anstatt sich in Prozessen zu verstricken, die keinen Mehrwert schaffen. Asynchrone Kommunikation trägt dazu bei, die Konzentration aufrechtzuerhalten und gibt den Mitarbeitern Zeit, klare Botschaften in schriftlicher Form zu formulieren. Das Ergebnis: Effiziente Zusammenarbeit, Ablenkungen werden auf ein Minimum reduziert, jeder ist produktiv und konzentriert sich auf seine Aufgaben.
Wir haben von neuen Mitarbeitern erfahren, dass unser Modell ohne Besprechungen zunächst ungewohnt und etwas stressig ist. Aber sobald sie sich daran gewöhnt haben, fühlen sie sich befreit, weil ihre Produktivität in die Höhe schießt. Wir haben ein Umfeld geschaffen, in dem die Mitarbeiter schnell lernen unglaublich produktiv zu sein.
Aber all das bedeutet nicht, dass TheSoul ein „unmenschliches“ Unternehmen geworden ist. Im Gegenteil: Das menschliche Element in unserem Unternehmen ist keineswegs verloren gegangen. Der soziale Austausch mit den Kollegen ist nach wie vor vorhanden, da das Unternehmen regelmäßig Gelegenheiten zum geselligen Beisammensein bietet, wie z. B. verschiedene Clubs zu unterschiedlichen Themen und Gebieten, in denen die Mitarbeiter Ideen austauschen und Zeit damit verbringen können, sich gegenseitig kennen zu lernen.
Welche Erkenntnisse lassen sich daraus auch für andere Unternehmen gewinnen?
Es liegt in der menschlichen Natur, dass Menschen alles, was wertvoll ist, schützen wollen – und dazu gehören auch Informationen. Radikale Transparenz ist den Menschen in der Regel unangenehm, aber hier ist eine starke Unternehmenskultur gefragt, die diesen Ansatz fördert, mit gutem Beispiel vorangeht und den Mehrwert aufzeigt.
Die Vorteile, die wir als Unternehmen mit diesem Ansatz erfahren, sind nicht auf unsere Firma beschränkt. Viele digitale Unternehmen können ebenfalls davon profitieren, wenn sowohl die Kultur als auch die Infrastruktur vorhanden sind.
Allerdings können Manager nicht einfach über Nacht einen Schalter umlegen. Sie müssen zunächst transparente und asynchrone Kommunikationsprozesse im Unternehmen etablieren. Es reicht nicht aus, einfach nur Meetings abzuschaffen, man muss auch interne E-Mails abschaffen, Projektmanagement auf Teamebene etablieren und eine Kultur gestalten, die diese Vorgehensweise klar kommuniziert und eine effiziente Zusammenarbeit ermöglicht.
Der Autor Patrik Wilkens ist Vice President Operations bei TheSoul Publishing.
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