15.06.2023 – Kategorie: Digitale Transformation

E-Invoicing: Was bedeutet das für die Buchhaltung?

E-InvoicingQuelle: Andrey Popov/Shutterstock

Die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung in immer mehr Ländern in und außerhalb der EU bietet Potenziale zur Automatisierung, aber auch Stolpersteine bei der Umsetzung. Nationale Regelungen, EU-weite Aktivitäten sowie globale Überlegungen warten noch auf eine Zusammenführung. Was bedeutet das für die Kreditoren- und die Debitorenbuchhaltung?

E-Invoicing, nur noch elektronische Rechnungen – der Gedanke scheint verlockend: weniger Papier, mehr Digitalisierung, höhere Automatisierung, vereinfachte Meldungen an die Steuerbehörden. Was auf den ersten Blick nur Vorteile bietet, erweist sich im internationalen Kontext als komplexes Vorhaben, das die Buchhaltungen in Unternehmen vor einige Herausforderungen stellen wird.

Der Status Quo beim E-Invoicing

Immer mehr EU-Länder führen die Pflicht zur elektro­nischen Rechnungsstellung ein. Das Konzept hat eine Geschichte: Vor Jahren schon zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug in Südamerika eingeführt, wurde es innerhalb der EU aufgrund der Richtlinie 2014/55/EU durch nationale gesetzliche Regelungen umgesetzt. In Deutschland war dies das „E-Rechnungsgesetz“ und galt zunächst für Rechnungen an Behörden. Diese waren fortan verpflichtet, elektronische Rechnungen anzunehmen und GoBD-konform zu verarbeiten.

Italien war das erste Land in der EU, das diese Pflicht auf Rechnungen im Bereich Business-to-Business (B2B) ausdehnte. Seit 2019 müssen Unternehmen ihre Rechnungen im Format FatturaPA, eine signierte XML-Datei, über die staatliche Clearing-Plattform Systema di Intercambio (SDI) an den Empfänger senden. Die Finanzbehörden haben Zugriff auf alle Daten, insbesondere die Umsatzsteuerinformationen.

Andere Länder folgen. In Frankreich ist die Pflicht zum E-Invoicing zwischen Unternehmen zunächst verschoben worden, soll aber ab 01.07.2024 in Kraft treten. Das gleiche Datum peilen Polen mit KSeF und Spanien mit PGEFe für eine verpflichtende Einführung an. Rumänien ist in der Diskussion, und Deutschland hat im November 2022 bei den zuständigen EU-Behörden die Erlaubnis beantragt, B2B-E-Invocing zeitnah umsetzen zu dürfen. Diese Erlaubnis ist derzeit noch nötig, gilt aber als Formsache und soll zukünftig sogar entfallen. Allen Aktivitäten gemeinsam ist, dass sie national orientiert sind: Jedes Land entscheidet, ob es einen Clearing-Ansatz und ein Taxreporting in Echtzeit verfolgt oder einen nichtstaatlich kontrollierten Austausch von E-Rechnungen zulässt; ebenso, welche Formate und Übertragungswege erlaubt sind.

Beim Übertragungsweg setzen einige Länder auf Peppol, ein Netzwerk der Europäischen Union, das – zunächst für Behörden entwickelt – den Austausch elektronischer Dokumente grenzüberschreitend standardisiert. Der Vorteil: Unternehmen, die über einen Access Point angebunden sind, können Rechnungen und andere Business-Dokumente schicken oder empfangen, weil jedes Unternehmen durch seine VAT-Nr. eine eindeutige Sende- und Empfangsadresse hat. Die einzelnen nationalen Rechnungsformate sind jedoch nicht einheitlich, auch wenn sie sich an der europäischen Norm EN 16931 orientieren.

Die E-Invoicing-Erlasse beziehen sich auf das jeweilige Land und die jeweils inländische Rechnungsstellung: also Rechnungen, die zum Beispiel von einem französischen Unternehmen an ein französisches Unternehmen geschickt werden. Sobald ein spanisches Unternehmen eine Rechnung an ein französisches Unternehmen schickt, wird der Vorgang durch keine der jeweiligen Länder-Regelungen abgedeckt: Es kann weiterhin Papier, ein PDF oder ein anderes Format, auf das sich beiden Parteien einigen, geschickt werden.

Das Ziel: Weniger Steuerbetrug

Eine grenzüberschreitende europäische Sicht hat neuerdings die ViDA-Initiative. Im Rahmen der Initiative „VAT in the Digital Age“ hat die EU eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, die das Mehrwertsteuersystem in der EU modernisieren und den Steuerbetrug eindämmen sollen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Einführung eines neuen Steuerberichtssystems, bei dem die E-Rechnung zwischen Unternehmen eine zentrale Rolle spielen soll. Die E-Rechnung wird für den grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb der EU für verbindlich erklärt, eine Pflicht des Empfängers zur Zustimmung entfällt, zudem will man sich auf einen gemeinsamen Format-Standard festlegen.

Parallel dazu laufen jedoch die oben skizzierten nationalen E-Invoicing-Umsetzungsinitiativen mit einem breiten Sammelsurium an Formaten, Übertragungswegen und Tax Reporting-Verfahren – ganz zu schweigen von außereuropäischen Initiativen etwa in Australien, wo man sich ebenfalls für Peppol interessiert, oder Asien.

All dies bedeutet für international aufgestellte Unter­nehmen mit länderübergreifenden Rechnungsprozessen, und das dürften die meisten sein, einige Herausforderungen. Denn eine Harmonisierung der Initiativen dürfte langwierig und der wünschenswerte Zustand ein Traum sein: ein Rechnungsformat, ein Übertragungsweg.

E-Invoicing: Folgen für die Buchhaltung

Was bedeutet das für die Rechnungserstellung und den Rechnungsempfang, also für die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung? Nach dem, was derzeit diskutiert wird und bislang beschlossen worden ist, kann man Rechnungen in drei Kategorien einteilen. Nationale Rechnungen, also Rechnungen, die von einem deutschen Unternehmen an ein deutsches Unternehmen gestellt werden; grenzüberschreitende EU-Rechnungen und grenzüberschreitende Rechnungen an Nicht-EU-Länder. Sollte keine Harmonisierung kommen, sind das drei verschiedene Prozesse – und damit unterschiedliche Formate und Übertragungswege – jeweils auf der Eingangs- und der Ausgangsseite. Beispielsweise: Nationale Rechnungen über Peppol im Format Peppol BIS Billing, der Rest als PDF und einige individuelle Formate, sofern der Empfänger diese wünschen und durchsetzen kann.

Somit wird der Rechnungsstellungprozess in der Debitorenbuchhandlung komplexer. Schnell dürfte sich die Frage stellen, ob man die Komplexität selbst steuern oder einen Dienstleister involvieren möchte. Gleiches gilt für die eingehenden Rechnungen in der Kreditorenbuchhaltung: Auch hier muss man sich auf verschiedene Eingangsformate und unterschiedliche Übertragungswege oder Anbindungen an Plattformen einstellen. Gerade für Unternehmen mit einem Shared Service Center-Ansatz dürfte das eine besondere Herausforderung sein. Setzt man ein Accounts Payable-System ein, das Rechnungsinhalte ausliest und Freigabe-Workflows bereitstellt, muss man dieses entsprechend vorbereiten. Themen, die in der Vergangenheit eine wichtige Rolle spielten, etwa Ausleseraten, werden weniger relevant. Dagegen werden Themen wie das Feldmapping, bekannt aus dem klassischen EDI, an Bedeutung gewinnen, schließlich müssen die Feldinhalte aus der Rechnungsdatei an die richtige Stelle in das ERP geschrieben werden. Und wie man aus dem klassischen EDI weiß, liegt der Teufel im Detail:

Nicht immer sind Feldinhalte im E-Rechnungsformat inhaltlich richtig gefüllt, so dass immer wieder Anpassungsbedarf besteht.

E-Invoicing
Bild: Esker

Der Autor Dr. Rafael Arto-Haumacher ist County Manager der Esker Software GmbH.


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