28.10.2016 – Kategorie: Handel, IT, Marketing

Digitaler Wandel: Vom selbstständigen Kunden und der Rolle des Marketings als Aufklärer

Hersteller und Dienstleister müssen sich diesem Wandel anpassen und neue Methoden für gewinnbringende Interaktionen mit Kunden finden. Neue Ansätze sind unabdingbar, um den Kunden in den ersten 57 Prozent des Kaufprozesses, in denen es keinen persönlichen Kontakt gibt, zu erreichen.

Dafür müssen Unternehmen ihre potentiellen Kunden einerseits automatisiert, aber auch personalisiert ansprechen, was durch die digitale Kommunikation möglich wird. Langwierige Kundenverhandlungen gehören der Vergangenheit an. Heute verkaufen Unternehmen digitalisiert über Webseiten unterstützt durch bezahlte Online-Anzeigen, virtuelle Produktdemos und öffentlich gemachten Kundenbewertungen in Form von Anwenderberichten, Rezensionen und Testimonials. Die Folge daraus ist eine engere Verzahnung von Vertrieb und Marketing.   

 Marketing übernimmt weite Teile des Vertriebsprozesses

Der Zeitpunkt an dem der Kunde ein konkretes Problem oder Bedürfnis entdeckt und erste Informationen sucht, nennt man im Marketing Nachfrage- und Lead-Generierung. Beides sind fundamentale Aufgaben des Marketings, die durch die Digitalisierung und einem veränderten Kaufverhalten immer wichtiger werden. Führte Marketing früher eher unterstützende Aufgaben für den Vertrieb aus, ist es heute für einen bedeutenden Teil des Vertriebsprozesses verantwortlich.

Unternehmen müssen von Ihrer Zielgruppe wahrgenommen werden, sonst nimmt der Interessent sie in ihrer aktiven Informationssuche gar nicht erst in die Auswahl auf. Der Kampf um die Aufmerksamkeit im Netz ist höher als jemals zuvor. Aufgabe des Marketings ist es, den Webauftritt des Unternehmens zu steuern und gezielt Content-Marketing-Aktivitäten einzusetzen, um die Präsenz im Web zu erhöhen. Dabei geht es weniger darum über Werbebanner Aufmerksamkeit zu erzeugen, als vielmehr relevante Inhalte zu erstellen und diese so zu streuen, dass sie von der Zielgruppe gefunden und gelesen werden. Es geht um das Schaffen von Informationsmehrwerten und darum, den Kunden aufzuklären, anstatt ihm lediglich die Leistungen des eigenen Produktes zu präsentieren.

Mehrere Studien beweisen, dass sich viele Unternehmen noch schwertun, die für ihre Zielgruppe relevanten Inhalte zu generieren.

Doch nur über einen realen Informationsmehrwert für die Zielgruppe kann Interesse geweckt und eine kritische Masse erzeugt werden, die sich über das Unternehmen und dessen Lösungen informiert und dieses dann im Zuge des Kaufprozesses kontaktieren. Besonders ausgeprägt ist dieses Kundenverhalten in der Software-Industrie. Hier kann der Kunde etwa durch kostenlose Testversionen einer Software, die Anbieter im Netz bereitstellen, selbstständig den Umgang mit der Software und die Grundelemente und -funktionalitäten kennenlernen. Erst wenn ihn die Software überzeugt hat, wird er sich an das Unternehmen wenden. Damit ist bereits eine ausgezeichnete Ausganglage für einen erfolgreichen Verkaufsabschluss geschaffen worden. 

Auch die Rolle der Vertriebsmitarbeiter ändert sich. Zu den neuen Aufgaben zählen beispielsweise nachfragegenerierende Maßnahmen des sogenannten Social Sellings. Der Vertriebler teilt selbst digitale Inhalte und ist aktiv in sozialen Netzwerken, um Vertrauen aufzubauen, potentielle Kunden in ihrem Kaufprozess zu begleiten und sich und das Unternehmen als Experten in gezielten Fachgebieten zu etablieren. „Thought Leadership“ ist hier das Stichwort. Über diese Maßnahmen sammelt der Vertriebsmitarbeiter Kontaktdaten von Interessenten als Leads, die dann im Idealfall in einen Auftrag umgewandelt werden.

 Kennen Sie Ihre Kunden besser, als Sie sich selbst

Es wird immer wichtiger auf die Erwartungen des Kunden einzugehen und sicher zu stellen, dass dieser im gesamten Kaufprozess zufrieden ist. Studien zeigen, dass über 45 Prozent  von potenziellen Kunden den Kaufprozess online abbrechen, wenn ihre Fragen nicht umgehend beantwortet werden.  So steigt zum einen die Bedeutung von Kontaktpunkten und Informationen auf der eigenen Internetseite, und zum anderen, dass Unternehmen ihre Kunden während des gesamten Kaufprozesses begleiten und beraten – entweder direkt über den persönlichen Kontakt oder indirekt über einen angebotenen Informationsmehrwert.

Diese Leistung bricht auch nicht ab, wenn der Kunde akquiriert ist. Bei Bestandkunden sollte sich ein regelmäßiger Austausch entwickeln, der ein aktives Feedback von Kundenseite einschließt, um Bereiche zu identifizieren, in denen stärker eingegriffen werden sollte. Das Motto lautet: Kennen Sie Ihre Kunden besser, als Sie sich selbst!

An dieser Stelle spielt das Sammeln von Daten eine immer größere Rolle, was mit Hilfe moderner Technologien heute einfacher ist als je zuvor. Große Mengen an Informationen können über den Kunden gewonnen, gespeichert und analysiert werden. Unternehmen finden somit immer neue Möglichkeiten, ihren Kunden ein maßgeschneidertes Angebot zu machen. Damit steigt zugleich die Loyalität des Kunden, was zu einer geringeren Preissensibilität führt. Kunden sind heute bereit, mehr für einen zusätzlichen Service zu zahlen, der ihnen einen realen Mehrwert schafft und für ein positiveres Kundenerlebnis sorgt.

Ein abschließender Ratschlag ist deshalb: Fokussieren Sie sich neben Ihren standardisierten Produktlösungen stärker auf Ihre Kunden abgestimmte Services. Versuchen Sie Ihren Kunden noch besser zu verstehen und passen Sie sich seinen Bedürfnissen an. Holen Sie potentielle Kunden so früh wie möglich im Kaufentscheidungsprozess ab. Veröffentlichen Sie auf Ihrer Website interessante Inhalte, die wirkliche Relevanz für Ihre Zielgruppe haben, sowie Kundenreferenzen. Nur dadurch werden Sie sich als Anbieter von der Konkurrenz abheben und die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung für sich nutzen können.

Autoren: 

Prof. Dr. Dietmar Kilian ist Gründer und Geschäftsführer der PDAgroup, sowie Professor und Fachbereichsleiter am Management Center Innsbruck (MCI) und Aufsichtsratsvorsitzender des Academy Cube. Er war über 20 Jahren bei Unternehmen wie Nixdorf, Digital Equipment und SAP in Management- und Führungspositionen tätig bevor er 2002 als Experte für Prozess-, Projekt- und Informationsmanagement ans Management Center Innsbruck (MCI) wechselte. Er ist außerdem als Beirat bei IT-Unternehmen und als Vorstand der pma Austria aktiv.

 Marina Brenner ist Business Consultant bei der PDAgroup. Ihr Beratungsschwerpunkt liegt auf Digitalisierung, Marketing und Innovation Management.

Lisa Borbein ist Kommunikationsexpertin bei der PDAgroup. Sie ist spezialisiert auf digitale Partnerkommunikation, Content Marketing und Online PR.

Der Artikel basiert auf dem im September 2016 im Linde Verlag erscheinenden Buch „Digital Selling – Erfolgreiche Strategien und Werkzeuge für B2B-Marketing und Vertrieb“

(jm)


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