27.10.2022 – Kategorie: Digitale Transformation
Digitale Geschäftsmodelle: Wie Datennutzung deren Erfolg sichert

Lange Zeit galt für deutsche Unternehmen das Selbstverständnis, dass ihre Produkte auf dem Weltmarkt den Unterschied machen. Künftig reicht aber gute Ingenieursleistung nicht mehr aus. Dass digitale Geschäftsmodelle zum Erfolg werden, muss der Fokus auf die Kunden und deren Bedürfnisse gerichtet werden – mithilfe von Daten.
In den letzten Jahren haben viele Unternehmen in den Aufbau digitaler Infrastrukturen und die Vernetzung (IoT) investiert. Trotzdem zeigt eine aktuelle Bitkom-Studie zum Stand der Digitalisierung in Deutschland, dass 48 Prozent der befragten Unternehmen Schwierigkeiten bei der Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen haben. Doch woran liegt es, dass digitale Geschäftsmodelle eine Herausforderung darstellen? Viele Unternehmen aus klassischen Branchen wie dem Mobilitäts- und Gesundheitssektor oder auch dem Maschinenbau haben Probleme damit ihr Mindset anzupassen. Oft herrscht in den Betrieben ein sehr produktzentriertes Denken. Das physische Produkt, die Maschine oder Anlage, steht im Zentrum allen Handelns. Und spiegelt sich in einem nahezu perfekten Prozess rund um die Entstehung, Vermarktung und den Vertrieb dieses Produkts wider.
Die Entwicklung digitaler Innovationen verlangt jedoch nach einem völlig anderen Vorgehen. Dabei kommt es auf iterative Prozesse an, auf agile und schlanke Methoden und darum, stetig Mehrwert für die Kunden zu erzeugen. Das bedeutet, neue Versionen der digitalen Dienste regelmäßig, also monatlich, wöchentlich oder täglich, zu veröffentlichen. Anhand der so generierten Nutzungsdaten kann evaluiert werden, wie erfolgreich die Idee ist. Dementsprechend kann der digitale Service weiterverfolgt oder wieder eingestellt gelassen.
Führungskultur in Unternehmen: Mehr Transparenz wagen
Ein weiterer Stolperstein bei der Einführung digitaler Geschäftsmodelle ist die Führungskultur in etablierten Unternehmen. Nur wenige sind dazu bereit, diese an neue Gegebenheiten anzupassen – jedoch ist das ein integraler Bestandteil jeder erfolgreichen Digitalstrategie. Die Digitalisierung kommt einer Demokratisierung der Entscheidungsfindung gleich. Durch das Generieren, Nutzen und Validieren von Daten stehen diese plötzlich jedem im Unternehmen zur Verfügung und nicht mehr nur dem Management und den Führungspositionen.
Diese Transparenz bringt viele Vorteile mit sich: Es macht Unternehmen agiler und reaktiver und schafft so einen Wettbewerbsvorteil. Allerdings geht damit auch ein Machtverlust auf den Ebenen einher, die vorher einen exklusiven Zugang zu relevanten Daten und Informationen und damit die alleinige Entscheidungsgewalt hatten. Darum fällt es vielen Unternehmer*innen schwer, dieses vermeintliche Privileg abzugeben. Für erfolgreiche digitale Prozesse und die Entwicklung innovativer Services und Dienstleistungen ist diese Veränderung aber unerlässlich.
Digitale Geschäftsmodelle: Die richtigen Ziele setzen
Ob ein Projekt erfolgreich ist, wird nach wie vor in vielen Unternehmen allein an den Quartalszahlen festgemacht. Transformationsprojekte sind jedoch langfristige Initiativen. Wie bereits erwähnt, geht es nicht nur darum hier und dort Daten zu sammeln, unter Umständen geht es dabei um einen echten Kulturwandel im Unternehmen. Das benötigt Zeit – kurzfristige KPIs und quartalsweises Denken sind daher zu kurz gegriffen.
Da digitale Geschäftsmodelle und die digitale Transformation ein das ganze Unternehmen umfassendes Projekt ist, ist es viel entscheidender, wie sich der gesamte Unternehmenswert über einen längeren Zyklus entwickelt. Dementsprechend müssen Verantwortliche die Messkriterien für den Erfolg auf diese langfristigen Ziele anpassen. Bedenkt man die Veränderungen, die notwendig sind, digitale Geschäftsmodelle erfolgreich umzusetzen, stellt sich die Frage: Welche Vorteile bieten sie den Unternehmen? Die kurze Antwort darauf lautet: Davon hängt ihre Zukunftsfähigkeit ab.
Digitale Geschäftsmodelle ermöglichen höhere Einkünfte
Die etwas längere Antwort beginnt damit, dass man sich nur durch digitale Geschäftsmodelle mit entsprechenden Tools und Dienstleistungen vom Wettbewerb abgrenzen kann. Softwarebasierte Services bieten neue Differenzierungsmöglichkeiten und versetzen Unternehmen in die Lage, fokussiert auf den Nutzer zugeschnittene digitale Geschäftsmodelle zu implementieren. Dadurch lassen sich deutlich höhere Preise erzielen als beim Verkauf von rein analogen Produkten. Die direkte Vergleichbarkeit mit Wettbewerbern wird umgangen und eine bessere Verkaufsargumentation wird ermöglicht.
Zudem ist für viele Kunden heutzutage die Servicequalität und die Customer Experience ein wichtiges Entscheidungskriterium beim Einkauf – oft noch wichtiger als Preis und Produktqualität. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass durch das Angebot vernetzter Produkte ein regelmäßiger Austausch mit dem Kunden stattfindet. Dies bedeutet, dass man vom reinen Lieferanten zu einem echten Geschäftspartner wird und so ein immer tieferes Verständnis der Produktnutzung und der Kundenbedürfnisse erhält. Das hilft enorm dabei, Services immer weiter zu verbessern, Trends frühzeitig zu erkennen und auf dieser Basis neue Produkte und Dienstleistungen zu schaffen.
Wege für die richtige Datennutzung finden
Blickt man auf die deutsche Wirtschaft, muss bei der Digitalisierung nun der nächste Schritt getan werden. Investitionen in Konnektivität und in die Infrastruktur der Vernetzung wurden bereits getätigt. Jetzt gilt es, diese Grundlagen richtig zu nutzen. Die Aufgabe ist, Wege zu finden, wie die Daten so verwendet werden können, dass daraus neuer Nutzen für die Kunden sowie neue Geschäftsmodelle entstehen. Nur so werden Unternehmen für kommende Herausforderungen und Krisen resilienter und können im (internationalen) Wettbewerb bestehen.

Über den Autor: Helmut Scherer hat 25 Jahre Berufserfahrung vom Großkonzern bis zum Start-Up. Als einer der Direktoren führte er ein deutsches Start-Up und skalierte es in Europa. Er baute eine digitale Business Unit in einem indischen Konzern auf und war darüber hinaus in US-amerikanischen Technologieunternehmen tätig. Seit 2015 ist er Managing Director der Futurice GmbH. Der Dienstleister unterstützt deutsche Mittelstandsunternehmen und Konzerne bei der Digitalisierung. (sg)
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