07.12.2009 – Kategorie: Fertigung, IT, Management, Technik
Deutsche Hightech-Branche 2010: Licht und Schatten nahe beieinander
A.T. Kearney Studie: Hightech-Exporte steigen wieder, Binnennachfrage folgt 201.- Hightech-Beschäftigung erreicht aber erst 2013 Vor-Krisen-Niveau. Besonders im ersten Halbjahr hat die Weltwirtschaftskrise zu drastischen Einbuß;en in der deutschen Hightech-Branche geführt. Inzwischen hat sich die Lage allerdings entspannt und in der zweiten Jahreshälfte haben die Exporte wieder deutlich zugelegt. Die Folgen für die Beschäftigung indes bleiben erst einmal spürbar: Erst 2013 wird das Beschäftigungsniveau wieder zur Vor-Krisen-Zeit zurückfinden.
Ihre Wettbewerbsposition können deutsche Hightech-Unternehmen aktuell insbesondere dadurch verbessern, dass sie ihre Produktionskosten weiter optimieren, intensiver in den Bereich Forschung und Entwicklung investieren und verstärkt Kooperationen eingehen. Zudem sollten sie sich frühzeitig im Umfeld der Wachstumskerne der Branche engagieren, wie etwa Energie-Speichertechnologie, Solartechnik und sogenannte ‚Embedded Systems‘. So ist zu erwarten, dass sich die Beschäftigung in der deutschen Solarbranche bis 2020 mehr als verdoppeln wird.
Das geht aus der aktuellen Studie „Nachhaltige Restrukturierung des Wirtschaftsstandortes Deutschland – Hightech“ der Topmanagement-Beratung A.T. Kearney hervor. Um zukünftigem Wachstum den Boden zu ebnen, sollte die Regierung die Hightech-Industrie als Fokus-Industrie stärker in den Mittelpunkt der deutschen Wirtschaftspolitik rücken. Zudem kann durch eine gezielte Förderung und geschickt gesetzte gesetzliche Rahmenbedingungen die Hightech-Binnennachfrage signifikant gestärkt werden.
„Im Vergleich zu anderen Industriesektoren hat die Wirtschaftskrise die deutsche Hightech-Branche im ersten Halbjahr besonders stark getroffen und zu einem Rückgang der Beschäftigung um knapp drei Prozent geführt. Mehr als jedes zehnte Hightech-Unternehmen war 2009 von der Insolvenz bedroht. Allerdings zeigt die Branche klare Anzeichen einer Erholung: So haben die Exporte in der zweiten Jahreshälfte merklich angezogen und aller Voraussicht nach wird auch die Binnennachfrage 2010 wieder steigen“, prognostiziert Axel Freyberg, für die Studie verantwortlicher Partner bei A.T. Kearney.
Die Folgen für die Beschäftigung bleiben indes spürbar. „Es ist zu erwarten, dass die konjunkturelle Erholung nicht vor 2011 einen durchschlagenden Effekt auf den Arbeitsmarkt haben wird. Das Beschäftigungsniveau aus Vor-Krisen-Zeiten wird nicht vor 2013 erreicht werden“, so Freyberg weiter.
Trotz einer sich erholenden Nachfrage, ist die Wirtschaftskrise noch nicht ausgestanden. Nach wie vor spiegelt sie sich in zahlreichen Unwägbarkeiten für die Hightech-Branche wider. „Um diese abzufedern, kommt es für Unternehmen vor allem darauf an, ihre Produktionskosten weiter zu optimieren, intensiver in den Bereich Forschung und Entwicklung zu investieren und verstärkt Kooperationen einzugehen“, fasst Jan Stenger, Principal und Hightech-Experte bei A.T. Kearney die wesentlichen Handlungsempfehlungen zusammen.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass viele Unternehmen je nach Segment den Umsatzanteil, der auf Forschung und Entwicklung entfällt, in den letzten Jahren zum Teil stark reduziert haben. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und nachhaltig über Marktniveau zu wachsen, müssen Forschung und Nachhaltigkeitsthemen eine stärkere Priorität einnehmen. Die Zukunft der Branche liegt etwa in energieeffizienten IT-oder Hightech-Produkten oder sogenannten Clean-Tech-Produkten.
Darüber hinaus ist eine Reduktion der Komplexitätskosten über die gesamte Wertschöpfungskette sowie eine Senkung der globalen Produktionskosten ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor. Zu Letzerem können etwa eine hocheffiziente Lieferkette und eine stärkere Internationalisierung des Produktionsnetzwerkes beitragen. „Für Firmen kommt es darauf an, rechtzeitig eine Betrachtung des Gesamtproduktes vorzunehmen und sich von den Produktionsschritten zu trennen, die nicht mehr profitabel sind. Folglich wird die heimische Produktion den Gütern mit hoher Qualität und einem hohen Individualisierungsgrad vorbehalten sein sowie denjenigen, die schnell verfügbar sein müssen“, unterstreicht Freyberg.
Nicht zuletzt werden internationale Kooperationen in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. „In einigen Segmenten werden deutsche Unternehmen nicht mehr darum herumkommen, eine stärkere Kooperation mit amerikanischen, japanischen, koreanischen oder chinesischen Hightech-Unternehmen einzugehen. Deutsche Firmen müssen sich clever und vorsichtig Zugang zu neuen Absatzkanälen verschaffen wie auch zu kostengünstigen Forschungs- und Produktionskapazitäten“, so Stenger.
Darüber hinaus führt der Weg aus der Krise nur über eine konsequente und systematische Fokussierung auf die Geschäftsfelder mit Wachstumspotenzial. „Unsere Projekterfahrung in den sich herauskristallisierenden Wachstumskernen zeigt klar, dass sie groß;es Potenzial haben, dem krisenbedingten Umsatz- und Arbeitsplatzschwund entgegenzuwirken“, sagt Stenger.
Neue Chancen für die Hightech-Branche liegen beispielsweise im Bereich der Energie-Speichertechnologie. Die Nachfrage nach Speichermedien – sei es für den Einsatz in Elektroautos, in mobilen Endgeräten oder in der Solartechnik – wird künftig signifikant ansteigen. „Die deutsche Industrie ist in den wesentlichen zukünftigen Anwendungsgebieten wie der Automobil- oder Solarbranche sehr gut aufgestellt. Da auß;erdem mit neuen Technologiesprüngen zu rechnen ist, bieten sich für hiesige Hightech- und Chemieunternehmen exzellente Chancen, Teile dieser Industrie, die derzeit vorranging in Asien angesiedelt sind, zurückzuholen“, führt Freyberg aus.
Auch die Solartechnik ist ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld. Aufgrund gesetzlich gesicherter Einspeisevergütungen ist eine attraktive Nachfrage in vielen Ländern garantiert. Zwar hat die deutsche Solartechnik-Branche in diesem Jahr unter anderem aufgrund der Deckelung der Förderung im per heute weltgröß;ten Wachstumsmarkt Spanien sowie durch den wettbewerbsgetriebenen Marktpreisverfall einen Dämpfer erlitten, die langfristigen Aussichten jedoch sind positiv.
„Die Einführung von Einspeisevergütungen in China sowie verbesserte Fördermodelle in den USA eröffnen deutschen Firmen höchst attraktive Möglichkeiten, vorausgesetzt allerdings, dass die Branche ihre Kostennachteile in den Griff bekommt“, erläutert Stenger. Auf die Beschäftigung wird sich kurz- und mittelfristig vor allem eine wieder anziehende Nachfrage nach deutschen Solarprodukten aus Ländern wie den USA auswirken. Unterstützt wird der Aufwärtstrend langfristig durch Groß;projekte wie beispielsweise Desertec. „Wir rechnen damit, dass sich das Beschäftigungsniveau in der deutschen Solarbranche von jetzt rund 70.000 Beschäftigten bis 2020 mehr als verdoppeln kann“, resümiert Stenger.
Auf dem Vormarsch ist darüber hinaus der Bereich der sogenannten ‚Embedded Systems‘, denn in Hightech-Produkten und -Systemen wird der Software-Anteil immer wichtiger. „Hiesige Unternehmen verfügen über etabliertes Know-how bei der Verbindung von Software mit Anwendungen in Maschinen und in der Autotechnik. Diesen Vorsprung gilt es, weiter ausbauen, um sich so wichtige Wachstumsimpulse zu sichern“, so Freyberg.
Ohne Unterstützung der Regierung können die Potenziale, die mit den Wachstumskernen verbunden sind, allerdings nicht vollumfänglich gehoben werden. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass die Hightech-Industrie als Fokus-Industriesegment stärker in den Mittelpunkt der deutschen Wirtschaftspolitik rückt. „Forschungsförderung und geschickt gesetzte gesetzliche Rahmenbedingungen etwa, könnten erheblich dazu beitragen, den Abstand zwischen Deutschland und anderen Hightech-Nationen zu verringern“, erklärt Freyberg. Auch Bildung – von der Schule bis zur Universität – sollte stärker auf die Wachstumskerne ausgerichtet werden.
Parallel dazu empfiehlt sich die segmentübergreifende Bildung und Förderung von Clustern, um die Krisen- und Insolvenzanfälligkeit von Hightech-Unternehmen zu reduzieren. Durch das effiziente Zusammenspiel von Unternehmen, Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten entstehen die Innovationen, die neues Wachstum für die deutsche Hightech-Industrie generieren.
Durch eine gezielte Förderung und verstärkte öffentliche Investitionen kann ferner die Hightech-Binnennachfrage gestärkt werden. Dies kann in Form von Solar-Dächer-Programmen für öffentliche Gebäude erfolgen, wie es zum Beispiel aktuell in Frankfurt passiert, oder indem eine Hightech-Ausstattung von Schulen und Universitäten gefördert wird. Hierzu braucht es nicht unbedingt Geld, sondern klare wirtschaftspolitische Zuständigkeiten, um gezielt Akzente zu setzen. „Wie es etwa ein Medien-Referat gibt, ist auch ein Hightech-Referat notwendig“, sagt Stenger.
Info: www.atkearney.de
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