10.05.2023 – Kategorie: Geschäftsstrategie, IT-Sicherheit

Datendiebstahl: Wer unsere Daten will und was mit diesen passiert

Datendiebstahl DatensicherheitQuelle: Thanadon - Adobe Stock

Achim Barth kennt sie alle – die Gefahren der Datenspinne, die Tricks der Datenräuber und die Methoden der Cyberkriminellen. Als Experte rund um das Thema Datenschutz weiß er genau, wie Smartphone-User, KI-Anhänger und Social-Media-Fans die Kontrolle über ihr Leben verlieren können, das dann andere lenken.

Im folgenden Interview mit Chefredakteur Heiner Sieger gibt der Datenschutz-Experte Achim Barth Einblicke hinter die Kulissen des Cyberuniversums. In seinem Buch „Haltet den Datendieb!“ appelliert er, sich endlich um den Schutz der eigenen Daten zu kümmern und so den Datendiebstahl zu verhindern.

Herr Barth, warum interessieren sich so wenig Menschen für das Thema Datenschutz?

Achim Barth: Das hat unterschiedliche Gründe. Den einen ist es zu kompliziert, den anderen nicht wichtig, nach dem Motto: „Ich habe doch nichts zu verbergen“. Dieser Ansatz ist schon mal völlig naiv. Die Leute interessieren sich erst dann für das Thema, wenn etwas passiert ist. Wenn die eigene Online-Identität gestohlen und missbraucht wurde. Wenn die Kreditkarte leer geräumt ist oder peinliche Fotos im Netz verbreitet werden. Doch in diesem Fall von Datendiebstahl ist das Kind schon in den Brunnen gefallen.

Welche Unternehmen und Organisationen sind die schlimmsten beziehungsweise größten Datendiebe?

Achim Barth: Zu dem großen Tech-Giganten, die unseren Lebensalltag am meisten verändert haben, gehören natürlich  Alphabet, also Google, Meta, also Facebook, Apple, Amazon und Microsoft. Dicht gefolgt von IBM und den drei chinesischen Giganten Alibaba, Tencent und Baido. Milliarden Menschen nutzen täglich ihre Dienste, aber nur sehr wenige Menschen profitieren davon wirtschaftlich. Alle arbeiten unterschiedlich mit unseren Daten. Ich persönlich empfinde Sprachassistenten dabei als größtes Übel. Jeder Gesprächsfetzen wird mitgehört, da ja auf das Signalwort gewartet wird. Was mit den Gesprächsfetzen passiert, bleibt nebulös. Ich finde es zumindest irritierend, wenn ich mich über Urlaubsreisen auf die Kanaren unterhalte und im Anschluss die passende Werbung dazu im Netz angezeigt bekomme. 

Achim Barth ist Experte für Datenschutz.

Woran erkennt der User Datendiebe?

Achim Barth: Das lässt sich an manchen Stellen leicht feststellen. Wir alle wissen zum Beispiel, dass alle Facebook-Plattformen für Nutzer kostenfrei zur Verfügung stehen. Das ist immer verdächtig. Dem Giganten reicht es offensichtlich, unsere Daten nutzen zu können. Das zeigt: Wir sind nicht der Kunde von Facebook, wir sind das Produkt, das der Werbewirtschaft und anderen interessierten Gruppen wie Wahlkämpfern, Behörden, Forschungseinrichtungen und Co. zum Kauf angeboten wird. Kurzum; Wenn ich im Internet für einen Dienst nicht bezahlen muss, gilt erhöhte Aufmerksamkeit. Die Anbieter müssen schließlich irgendwie Geld verdienen. Wenn die Nutzer kein Geld abgeben, dann müssen sie mit ihren persönlichen Daten bezahlen, die dann zu Geld gemacht werden.

Was machen die Datendiebe mit den Daten?

Achim Barth: Das ist unterschiedlich. Ich selbst zum Beispiel sammle ja auch E-Mail-Adressen. Die verkaufe ich allerdings nicht, sondern möchte informieren und natürlich auch meine Bücher und meinen Onlinekurs vorstellen. Das ist auch vollkommen ok und transparent. Intransparent wird es, wenn Adresshändler unsere Daten aus den unterschiedlichsten Quellen zusammentragen und dann mit Hilfe von Big Data Kunden- und Persönlichkeitsprofile über uns erstellen und diese zum Kauf anbieten. Dabei registrieren diese Unternehmen jeden Klick, jede Bewegung, jede Verweildauer. Sie speichern alles ab, schließen von Nutzerverhalten auf mentale Gesinnungen und stecken uns in Schubladen, machen uns nackt. Unsere „digitale Doppelgänger“ verkaufen sie teuer unterm Ladentisch an die Werbewirtschaft. So entwickeln Firmen mit unseren Schwächen neue Produkte, täuschen, lenken und manipulieren uns, ohne dass wir es merken.

Welchen Schaden kann ein Datendiebstahl bei mir anrichten?

Achim Barth: So simple wie schmerzhaft: Sie leiden zum Beispiel unter finanziellen Nachteilen. So bekommen manche User zum Beispiel nur noch höhere Preise angeboten. Perfider wird es bei der Manipulation. Die Unternehmen kennen Ihre Kauftrigger, Ihre Schmerzpunkte, Ihre Sehnsüchte, vergiften so Ihre mentale Gesundheit und treiben Sie zu Konsum, dem Sie im „analogen“ Leben nicht verfallen wären. Oder es wird Ihnen Zeit gestohlen, weil die Tech-Firmen wissen, wie sie Sie länger online halten. Stichwort: Online-Sucht. Andere haben gegebenenfalls bei der Jobsuche oder bei Vertragsabschlüssen große Nachteile, weil Dinge über sie bekannt sind, die eigentlich privat oder intim sein sollen.

Das gefährlich ist: Die Internetfirmen speichern Informationen über uns ab – ob wahr oder nicht. Auf Ihrer Payback-Karte ist nicht hinterlegt, dass Sie Alkohol zum Fensterputzen kauft, statt zum Trinken. Schnell stuft das Web Sie für immer zum Trinker ab. Am Ende sind Verbraucher wehrlos. Wenn Google, Meta und Co. alles wissen und den Rest durch Algorithmen berechnen, gibt es keine Tabus mehr – ob wir krank oder gesund sind, psychisch stabil oder fragil, Blender oder Protestler, ob alles wahr ist oder gelogen. Ist durch Datendiebstahl der Datenzwilling geboren, haben wir die Kontrolle über unser Leben verloren.

Welche Gefahren drohen durch Chat GPT, Smartphones und Sprachcomputer?

Achim Barth: Die Gefahr durch Sprachcomputer beziehungsweise Sprachassistenten hatte ich ja schon beschrieben. Smartphones sind tückische Spione in der Hosentasche und Hochleistungs-Rechner. Sie können uns, ja nach Einstellung permanent abhören, orten, überwachen. Zudem beeinflussen Sie unser Leben massiv. Dazu reicht ein Blick in die S-Bahn beim Berufsverkehr. ChatGPT oder andere Chat-Roboter bergen die Gefahr der Manipulation. Hier empfehle ich, nur dann die Dienste zu nutzen, wenn ich die Antworten der Bots auch verifizieren oder falsifizieren kann, sprich Expertenwissen auf dem Gebiet habe. Ansonsten bewegt man sich auf ganz dünnem Eis.

Wie können wir uns vor Datendiebstahl schützen?

Achim Barth: Durch digitale Kompetenz. Darunter verstehe ich das Aneignen von Grundwissen über die Funktionsweise des Internets und digitaler Medienangebote. So eine Art „digitaler Führerschein“. Wer am modernen Leben teilnehmen will, braucht zudem Basis-Know-how darüber, wie man sich vor Cyberattacken schützen kann. Das ist die Voraussetzung dafür, dass ich Dienste der Informationsgesellschaft nutze, ohne mich digital aufzugeben. Es bleibt dabei: Wer auch in zehn Jahren noch selbstbestimmt leben möchte, muss sich aktiv schützen.

Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Barth. (sg)

Achim Barth ist Experte rund um den Schutz personenbezogener Daten. Zielgerichtet, sachkundig und immer up to date begleitet der mehrfach zertifizierte Datenschutzbeauftragte Verantwortliche und Unternehmen bei der Umsetzung des Datenschutzes und des Hinweisgebergesetzes.

Datendiebstahl

Achim Barth: Haltet den Datendieb! Wer Ihre Daten will. Was er damit treibt. Wie Sie sich schützen. 224 Seiten, ISBN 978-3-96739-130-5, Gabal Verlag, Offenbach 2023,  Preis: 24,90 Euro

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