18.10.2021 – Kategorie: Cloud Computing
Cloud-Migration: 6 Fallstricke, die zu unerwarteten Kosten führen können
Bei Cloud-Strategien liegen die Tücken bei den Abrechnungsmodalitäten von Cloud-Providern und der eigenen IT-Infrastruktur.
Variantenreiche Abrechnungsmodalitäten von Cloud-Providern und technische Fallstricke der eigenen IT-Infrastrukturen können Kostenvorteile einer Cloud-Migration schnell zunichtemachen. Gastautor Thomas Köppner von Apptio erklärt, wie Unternehmen sich mit Umsicht und Analysen gegen böse Überraschungen wappnen.
Mit den laufenden Digitalisierungsmaßnahmen haben Unternehmen bereits ein gutes Bewusstsein dafür entwickelt, dass sich die IT-Budgetplanungen und -Kostenstrukturen mit Cloud-Umgebungen erheblich verändern. Doch es lauern kritische Kostenfallen, die Verantwortliche im komplexen Projektmanagement einer Cloud-Migration schnell übersehen. Ein Thema, das Unternehmen auch im Cloud-Betrieb begleitet, wie eine aktuelle Studie von Harvard Business Review zeigt.
Demnach ist zwar der Mehrwert, der aus dem Einsatz von Technologie resultiert, von höchster Bedeutung bei Budgetplanungen. Allerdings vertrauen nur 62 Prozent den dazu verfügbaren Informationen. Die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie den durch Technologieinvestitionen generierten Mehrwert nur ad hoc (31 Prozent) oder gar nicht (20 Prozent) messen, 16 Prozent tun dies nur zu bestimmten Projektmeilensteinen. Aus der Erfahrung mit Projekten zur Einführung von IT-Finanzmanagement gibt es sechs wichtige Bereiche, die Budgets einer Cloud-Migration sprengen können:
1. On-Premise-Verbindlichkeiten beeinflussen Timing der Cloud-Migration
Bei der taktischen Planung, wann welche Workloads in die Cloud migriert werden sollen, stehen häufig geschäftsstrategische Kriterien im Vordergrund. Dabei übersehen Verantwortliche allzu oft bestehende, dezentral verwaltete vertragliche Verpflichtungen, die mit dem bestehenden Rechenzentrum verbunden sind. Dies beginnt bei Mietverträgen und laufenden Abschreibungen der Hardware sowie deren Wartungs- und Support-Verträge, zu nennen sind zudem auch Aufwände in den Bereichen Asset Management, Administration und Audits.
Wichtig ist daher, vorab anhand der Laufzeiten die Gesamtkosten solcher On-Premise-Verträge zu klären, die parallel zum Cloud-Betrieb auflaufen. Dies erst ermöglicht eine realistische Kosten-Nutzen-Rechnung mit den nötigen Eckdaten, um ein kosteneffizientes Timing der Migration in die Cloud zu planen sowie zu entscheiden, in welchen Schritten bzw. in welcher Reihenfolge die Umstellung erfolgen sollte.
2. Fähigkeit zum aktiven Multi-Cloud-Management
Die meisten Public-Cloud-Anbieter können aus einer Hand alle gängigen Cloud-Anforderungen erfüllen. Im Detail betrachtet variieren die Kosten und Leistungen allerdings, zudem soll die Abhängigkeit von nur einem Provider vermieden werden für eine ausgewogene Risikostreuung. Hinzu kommt, dass Multi-Cloud die Datensicherheit für Unternehmen unterstützt. Hierbei werden Daten mit spezifischen Techniken codiert und über verschiedene Clouds für höheren Schutz vor Hackerangriffen und Datenverlusten verteilt.
So sind Unternehmen – gewollt oder nicht – mit den Anforderungen eines aktiven Multi-Cloud-Managements konfrontiert. Wer darauf technisch und organisatorisch mit entsprechenden Lösungen, Experten und Prozessen vorbereitet ist, vermeidet Kostenfallen. Etwa durch Workload-Analysen für bessere Prognosen, Rightsizing und die Optimierung von Kosten, die aktive Nutzung der Elastizität von Cloud-Kapazitäten für Lastspitzen. Oder durch Monitoring, das ungenutzte Services oder Anomalien im Verbrauch identifiziert.
3. Abrechnungsvarianten bestimmen die wirtschaftliche Kombination von Cloud-Services
Bei der Kostenschätzung und Budgetplanung für Cloud-Dienste ist es wesentlich zu verstehen, wie einzelne Cloud-Anbieter die Nutzung ihrer Ressourcen messen und nach welchen Kriterien abgerechnet wird. Dies reicht von stundenweiser Abrechnung der Nutzung einzelner Instanzen über Kosten nach Datenmenge bis hin zum ausgehenden Datenverkehr in Gigabyte pro Monat, mit unterschiedlichen Commitments.
Das heißt, Unternehmen sollten einen möglichst detaillierten Einblick dazu haben, welche Cloud-Kapazitäten in welchen Qualitäten sie über welche Zeiträume in den Phasen der Cloud-Migration benötigen. So ist gewährleistet, die optimale Kombination an Cloud-Services beziehungsweise -Skalierung bei unterschiedlichen Anbietern zu beauftragen.
4. Von App-Performance bis Skalierung: verursachergerechte Kostenanalysen
Die Architektur und Performance von Anwendungen, was etwa den Bedarf an Arbeitsspeicher oder die Menge der Transaktionsdaten betrifft, spielt mit der zumeist großzügig dimensionierten Hardware in Rechenzentren kaum eine Rolle. Im Cloud-Betrieb kann das allerdings überraschend deutlich die Kosten in die Höhe treiben.
In Multi-Cloud-Umgebungen ist es ein oft unterschätzter Kostenfaktor, wenn durch Skalierung Anwendungen über Cloud-Grenzen hinweg Datenverkehr erzeugen. Viele Cloud-Provider berechnen nach ein- und ausgehendem Traffic. Hier ist es wichtig, dass die Kostenstrukturen bekannt sind und die Anwendungen nach Lastspitzen automatisiert wieder zurück skalieren.
Ähnliches gilt für Cloud-Speicher und andere Ressourcen, die beispielsweise DevOps-Teams in Projekten beanspruchen. Bei der Cloud-Migration und im Betrieb ist daher von Beginn an eine verursachergerechte Kostenanalyse hilfreich, um schnell und gezielt steuernd eingreifen zu können.
5. Von Lift & Shift bis zu Altsystemen: ungeahnte Kostenfallen bei einer Cloud-Migration
Von den vielen möglichen teuren Planänderungen bei Cloud-Migrationen sind zwei besonders hervorzuheben. Diese lassen sich im Vorfeld durch genaue Prüfung vermeiden. Dies betrifft zunächst den beliebten „Lift & Shift“-Ansatz, bei dem schnell und ohne Anpassungen Anwendungen und Daten in die Cloud verschoben werden. Und selbst die einzelnen Cloud Services nicht auf die tatsächliche Nutzung dimensioniert wurden.
Dieser vermeintlich günstige Weg kann eine unerwartete Kostenexplosion nach sich ziehen: Wenn erst im Nachhinein festgestellt wird, dass die Kosten der Public-Cloud-Infrastruktur deutlich teurer sind als die Rechenzentrums-Kosten und letztlich doch Architektur-Anpassungen für die Cloud erforderlich sind, verbunden mit erheblichem Projektierungsaufwand.
Ein weiterer Kostenfaktor kann durch Altsysteme oder Legacy-Systeme entstehen, die aus technischen Gründen nicht einfach migrieren lassen, aber mit ihren Daten – zumeist aus rechtlichen Gründen – weiter vorgehalten werden müssen. Die Folge: Unternehmen können ihre On-Premise-Ressourcen nicht im geplanten Maß abschalten, wodurch diese weiterhin IT-Budgets belasten.
6. Exit-Strategie für On-Premise: durch Analysen Redundanzen begrenzen
In der Übergangsphase sind redundante Kapazitäten in der Cloud und im Rechenzentrum unabdingbar. Diese Phase sollte mit einem konsequenten Monitoring der Workloads und Analysen des tatsächlichen Bedarfs in Korrelation zu den Kosten und deren Variablen bei dem/den Cloud-Anbietern verbunden sein. Neben der technischen Qualität stellt dieses Vorgehen sicher, dass die Entscheidung, wann welche Rechenzentrumskapazitäten abzuschalten sind – oder eben nicht – rasch und konsequent getroffen werden kann. Ansonsten droht die Gefahr, dass teure Redundanzen unnötig lange weitergeführt werden.
Cloud-Migration: Verknüpfung zwischen IT- und Finanz-Monitoring
Die Umsetzung einer Cloud-Strategie ist verbunden mit einem komplexen Wechselspiel zwischen Verbrauch und Kosten. Dieses ist geprägt von unterschiedlichen technischen und wirtschaftlichen Variablen, die sich dynamisch verändern. Es wird daher eine zeitnahe Verknüpfung zwischen IT- und Finanz-Monitoring mit Prozessen und Systemen benötigt, die gleichzeitig zu einer Cloud-Migration zu implementieren sind. Dies mag für manche Unternehmen zunächst ungewohnt sein, aber es hilft nachhaltig, den optimalen wirtschaftlichen Mehrwert aus Cloud-Initiativen zu realisieren. (sg)
Über den Autor: Thomas Köppner ist Solution Consultant bei Apptio. Das Unternehmen ermöglicht es, Technologie-Investitionsentscheidungen mit zuverlässigen und umsetzbaren Erkenntnissen zu verbinden, um bessere Geschäftsergebnisse zu erzielen. Hierbei werden automatisiert riesige Mengen an unternehmens- und technologiespezifischen Ausgaben- und Betriebsdaten erfasst und auf intelligente Weise strukturiert.
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