12.10.2023 – Kategorie: Cloud Computing, Geschäftsstrategie

Cloud-Lösungen: Finanzbranche macht Fortschritte bei der Transformation

Quelle: BillionPhotos.com - Adobe Stock

Höhere Flexibilität, schlankere Prozesse, bessere Skalierbarkeit: Diese und andere Gründe treiben die Nutzung von Cloud-Lösungen in Unternehmen voran. Einzig die Finanzbranche hat angesichts von Unwägbarkeiten bisher zurückhaltend reagiert. Die neue Studie „Cloud-Monitor 2023: Financial Services“ von KPMG zeigt, dass die Branche an der Cloud-Nutzung nicht vorbeikommt, wenn sie den technologischen Wandel mitgestalten will.

Hohe Anforderungen an die Sicherheit finanzieller Prozesse sowie umfangreiche Compliance- und rechtliche Regelungen sind wesentliche Gründe, weshalb Unternehmen aus der Finanzindustrie in der Vergangenheit oft noch einen Bogen um Public-Cloud-Computing machten. Inzwischen haben sie jedoch erkannt, dass die Cloud sicher gestaltet werden kann. So setzt mittlerweile die große Mehrheit der befragten Finanzdienstleister mit mehr als 50 Beschäftigten auf Cloud-Lösungen. 62 Prozent der befragten Unternehmen verfolgen einen hybriden Ansatz, nutzen also Public- und Private-Cloud-Dienste parallel. 21 Prozent nutzen reine Public-Cloud-, 17 Prozent Private-Cloud-Services. Für den Cloud-Monitor wurden insgesamt 518 deutsche Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten befragt, darunter 100 Finanzdienstleister.

Besonders stark ausgeprägt ist das Mischform-Modell bei Finanzinstituten, die 250 bis 4.999 Beschäftigte haben. Hier geben 75 Befragte an, sowohl Privat- als auch Public-Cloud-Lösungen im Einsatz zu haben. Vergleicht man die Ergebnisse der Finanzinstitute mit denen für alle 518 befragten Unternehmen fällt auf: Finanzdienstleister haben hier die Nase vorn. Denn über alle Branchen hinweg liegt der Anteil der Unternehmen mit einer Kombination aus beiden Ansätzen lediglich bei 58 Prozent. Die Finanzindustrie mit einer historisch gewachsenen IT-Infrastruktur sieht einen besonderen Vorteil darin, zukünftig Anwendungen direkt in der Cloud zu entwickeln. Die Mischung aus Public- und Private-Cloud-Diensten ermöglicht es ihnen, je nach Bedarf und Sensibilität der Daten das passende Deployment-Modell zu wählen. Das erklärt, warum sie hier zu den Vorreitern zählen.

Cloud-First-Ansatz wird zum Regelfall

„Cloud First“ zählt bei Finanzdienstleistern mittlerweile zur dominierenden Strategie: 63 Prozent der befragten Banken und Versicherungen, die bereits Clouds nutzen, realisieren neue Entwicklungen beziehungsweise IT-Projekte bevorzugt – aber nicht zwingend – in der Cloud (2021: 44 Prozent). Nur elf Prozent der befragten Häuser verfolgen einen Cloud-Only-Ansatz mit dem Ziel, alle neuen und bestehenden Systeme in die Cloud zu migrieren. Diese Strategie ist besonders bei den Instituten verbreitet, die ausschließlich Public-Clouds nutzen. Der Vergleich der Finanzbranche mit dem Gesamtmarkt macht deutlich: Die Cloud-Strategien der Finanzdienstleister sind ambitionierter als die der Unternehmen anderer Branchen.

Cloud-Lösungen bringen nicht nur der IT Vorteile

Befragt nach dem Mehrwert, den Cloud-Lösungen für die einzelnen Bereiche in den Häusern bringt, liegt die IT klar vorne: 63 Prozent sehen hier einen sehr großen Mehrwert. Das ist wenig überraschend. Bemerkenswert ist hingegen, dass die Befragten im Cloud Computing ebenfalls einen hohen Mehrwert für die anderen Unternehmensbereiche erkennen. Ob Organisation, Compliance, Zahlungsverkehr, Risikomanagement oder Kreditbearbeitung: In jeder Einheit profitieren mindestens drei von vier Unternehmen.

Das verdeutlicht: Die Vorteile von Clouds erstrecken sich meist über die gesamte Wertschöpfungskette. Am stärksten profitieren dabei rechenintensive Unternehmensbereiche. Eine Rolle spielt zudem die Größe des Hauses: Während Start-ups bzw. junge FinTechs oft von Beginn an auf cloudbasiertes Outsourcing von IT und Geschäftsprozessen setzen, haben große Banken und Versicherer mit mehr als 5.000 Beschäftigten ihre Cloud-Transformation noch nicht abgeschlossen und können daher große Mehrwerte noch nicht nutzen.

Cloud-Lösungen
Diese Vorteile bringt der Einsatz von Cloud-Lösungen in den folgenden Unternehmensbereichen. (Grafik: KPMG)

Public Clouds bieten höhere Resilienz als On-Premise-IT

Viele Stakeholder in der Branche waren lange Zeit überzeugt, dass Cloud-Lösungen unsicherer seien als On-Premise-IT. Diese Annahme ist jedoch unzutreffend. Cloud-Provider bieten heute eine hohe „Security of the Cloud“: Gemeint sind Sicherheitssysteme, die Cyberangriffe von außen frühzeitig erkennen und abwehren. Tatsächlich erweisen sich Public Clouds im Vergleich mit On-Premise-IT als resilienter. Die Studienergebnisse untermauern das: 71 Prozent der Befragten geben an, innerhalb des letzten Jahres von einem Ransomware-Angriff betroffen gewesen zu sein. Nur sechs Prozent berichten von Angriffen, die ausschließlich die Cloud-Infrastrukturen trafen. 16 Prozent berichten von Angriffen mit Auswirkungen auf Cloud- und On-Premise-Infrastrukturen. 26 Prozent der Befragten verzeichnen Angriffe, die ausschließlich die eigenen Systeme trafen.

Für den Schutz der Daten und Anwendungen in der Cloud („Security in the Cloud“) sind hingegen die Häuser selbst verantwortlich. Deswegen sollte das Thema Sicherheit bei der Cloud-Transformation von Banken und Versicherungen mitgedacht werden. Der Großteil hat das bereits erkannt: 90 Prozent der befragten Institute mit Public Clouds wenden einen DevOps- beziehungsweise DevSecOps-Ansatz an. Mit diesen Methoden werden die Entwicklung (Development) und der IT-Betrieb (Operations) konsequent vereint und zunehmend auch das Thema Sicherheit (Security) integriert. 61 Prozent der Institute, die DevOps- oder DevSecOps-Methoden anwenden, verbesserten damit die Sicherheit. 58 Prozent profitieren von verbesserter Qualität und 53 Prozent verzeichnen eine höhere Agilität.

Mehrheit denkt positiv über EU-US-Datenschutzabkommen

Der transatlantische Datenaustausch wird mit zunehmender (Public-)Cloud-Nutzung steigen. Schließlich sind viele Cloud-Anbieter in den USA beheimatet. Der besonders hohe Anspruch an die Datensicherheit stellt die Finanzbranche vor enorme Herausforderungen. Mit dem Trans-Atlantic Data Privacy Framework, das die EU-Kommission im Juli 2023 verabschiedet hat, existiert nun eine neue Rechtslage für die sichere Übermittlung personenbezogener Daten aus der EU in die USA.

Danach gefragt, wie sich das neue EU-US-Datenschutzabkommen auf die weitere Cloud Nutzung auswirken wird, antworten 54 Prozent der Cloud-nutzenden Institute mit „positiv“ und 26 Prozent mit „sehr positiv“. Unterschiede in der Gewichtung ergeben sich naturgemäß durch den verfolgten Cloud-Ansatz. Von den Instituten mit einem Public-Cloud-Modell erwarten 57 Prozent, dass sich das Abkommen sehr positiv auf die eigene Cloud-Nutzung auswirkt. Bei den Häusern mit einem hybriden Modell erwarten hingegen nur 13 Prozent sehr positive Auswirkungen.

Einsatz von Cloud-Lösungen wird zum Standard

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Cloud Computing gehört nach jahrelangem Zögern mittlerweile auch in der Finanzindustrie zum Standard. Meist profitieren zahlreiche Unternehmensbereiche von dessen Vorteilen. Die Studie offenbart aber auch, dass Art und Ausmaß der Cloud-Nutzung innerhalb der Branche sehr stark variiert und ausbaufähig sind. Zu den wichtigsten Gründen für den Einsatz von Cloud-Lösungen zählt aktuell die IT-Sicherheit, denn die Cloud-Provider bieten heute oft einen besseren Schutz als On-Premise-Alternativen. DevSecOps-Methoden, die Sicherheit zum festen Bestandteil des kompletten Entwicklungszyklus machen, leisten einen entscheidenden Beitrag für resiliente IT-Systeme.

Zur Methodik der Studie

Der Cloud-Monitor untersucht seit 2012 den Cloud-Einsatz in der deutschen Wirtschaft. Für die diesjährige Studie wurden insgesamt 518 Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten aus verschiedenen Branchen befragt. Darin enthalten sind 100 Unternehmen aus der Finanzbranche. Der „Cloud-Monitor 2023: Financial Services“ von KPMG ist eine Auskopplung aus der Gesamtstudie „Cloud-Monitor 2023“ und bietet aktuelle Einblicke in die Nutzung von Cloud-Computing in der Finanzbranche Die Studie kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.

Über die Autoren: Daniel Wagenknecht ist Partner bei KPMG im Bereich Financial Services. Er berät Banken und Versicherer bei IT-Management-Themen. Fokussiert hat er sich auf die Beratung zur Cloud-Transformation und verantwortet die deutsche Cloud-Practice bei KPMG – insbesondere unterstützt er Mandanten bei der Entwicklung von Cloud-Strategien, Auswahl passender Cloud-Service-Provider, Vertragsgestaltungen, Transformation der IT, Beschleunigung der Digitalisierung sowie bei der Umsetzung von Cloud Compliance, Security und Datenschutzanforderungen in Cloud-Vorhaben.
Gerrit Bojen ist Partner bei KPMG im Bereich Financial Services, wo er die IT & Technologieberatung leitet. Er besitzt viele Jahre Berufserfahrung als Programm- und Transformationsmanager in Bank- und Systemintegrationsprojekten. Gemeinsam mit seinem interdisziplinären Team von technischen IT-Architekturexperten und Compliance-Beratern unterstützt er Mandanten in der Transformation und Einführung neuer Technologien.

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