CDO im Gespräch: „Buchungen so einfach wie eine Bestellung“
Kunden individueller ansprechen und länger an das Unternehmen binden – der CDO des Münchner Reiseveranstalters FTI, Andreas Eickelkamp, setzt für diese Ziele auf noch mehr Digitalisierung und außerdem auf Daten.
Kunden individueller ansprechen und länger an das Unternehmen binden – der CDO des Münchner Reiseveranstalters FTI, Andreas Eickelkamp, setzt für diese Ziele auf noch mehr Digitalisierung und außerdem auf Daten.
Von seinem Büro aus schaut Andreas Eickelkamp direkt auf die Gleise des Münchner Hauptbahnhofs. Viel Muße, dem Rangieren von Zügen zuzugucken, hat der Reisekaufmann nicht. Seit zwei Jahren managt Eickelkamp als Chief Data und Diversity Officer (CDO) die Digitalisierung der FTI-Gruppe. Der Reiseveranstalter vertreibt seine
Urlaubsträume in Reisebüros, online und über den eigenen Fernsehkanal Sonnenklar.TV. Eickelmkamps Vision sind „Exklusivitäten, um die Vergleichbarkeit der Digitalisierung zu durchbrechen“. Und: „Die Personalisierung in der Kundenkommunikation ist ein Riesenthema.“ Dafür arbeitet der CDO gerade an den eigenen Systemen, an einer App und an einem personalisierten Kundenzugang für die Websites.
Online-Buchung, Ticket auf Smartphones – die Reiseindustrie ist schon digital. Wozu braucht ein Veranstalter wie FTI einen CDO?
Andreas Eickelkamp: Das sieht von außen anders aus, aber die Reisebranche hinkt hinterher. Wir arbeiten alle fieberhaft an der Digitalisierung der Wertschöpfung. Die FTI-Gruppe vermarktet Pauschal- und Bausteinreisen über mehrere Vertriebswege, ist außerdem in über 20 Ländern und an 80 Standorten mit Agenturen sowie etwa 50 eigenen Hotels präsent. Wir besetzen die ganze Wertschöpfungskette, und meine Aufgabe ist es, hier für eine nahtlose Kundenkommunikation zu sorgen. Unseren Gästen sollten an jedem Punkt ihrer Customer Journey dieselben Angebote und Services zur Verfügung stehen. Daraus folgt intern die Aufgabe, die Informationen über Angebote, tagesaktuelle Preise, Buchungen, Kundenwünsche schnell in alle Kanäle zu schleusen und dafür effiziente Systeme zu schaffen. Dazu arbeite ich eng mit unseren Entwicklungseinheiten in Berlin, München, Polen, Griechenland und der Türkei zusammen.
Wie weit sind Sie schon?
Eickelkamp: Im letzten Jahr haben wir den Einkauf digitalisiert und die Tools geschaffen, Vertragsbedingungen, Preisänderungen und Angebote tagesaktuell in den Systemen anzugleichen. Die Personalisierung ist jetzt ein Riesenthema. Um Kunden auf den Websites und mit Newslettern individuell und automatisiert ansprechen zu können, arbeiten wir noch an den CRM- und Datensystemen. Auch die Kommunikation mit den Gästen in den Zielgebieten lässt Wünsche offen. Das zurzeit größte Projekt ist eine App, um Kunden direkt anzusprechen.
Auf welche Probleme stoßen Sie dabei?
Eickelkamp: Technisch ist alles vorbereitet, die Projekte laufen, aber zurzeit fehlt es an Programmierern. In München Entwickler zu finden, ist eine Katastrophe, in Berlin und in Polen, wo wir zugekauft haben, können wir leichter Kapazitäten aufbauen. Daneben ist es eine Herausforderung, Mitarbeitende für die Arbeit mit neuen Systemen zu gewinnen. Wir sind alle Gewohnheitstiere und finden daher Neues zuerst schlecht. Man muss sich schon in den Maschinenraum begeben, um Prozesse nicht nur oberflächlich zu digitalisieren. Mir hilft, dass ich hier als Reiseverkehrskaufmann startete und danach verschiedene Vertriebsaufgaben übernommen habe. Ich bin kein Helikopter-Manager, sondern verstehe, was die Leute bewegt und wie sie arbeiten wollen.
Wieviele Projekte betreuen Sie und wie kommunizieren Sie mit den Teams?
Eickelkamp: Früher haben wir aus Strategien Zwei-Jahres-Programme aufgestellt, heute planen wir Projekte inkrementell und drei Monate im Voraus. Dazwischen treffen sich die Beteiligten alle zwei Wochen und besprechen, was wie gemacht wurde und wo Veränderungsbedarf besteht. Zurzeit kümmere ich mich um rund 30 Projekte, mindestens 100 sind in der Warteschleife. Bei Fachfragen macht es keinen Unterschied, ob wir per Video oder persönlich konferieren. Geht es aber um Inter-
essen und Politik, ist meine Anwesenheit verlangt. Ich bin daher häufiger unterwegs.
Wie organisieren Sie den Austausch zwischen Marketing und Technik oder IT?
Eickelkamp: Ich bin kein IT-Übersetzer, sondern komme aus dem Marketing. Um in der Diskussion mit Fach- und Entwicklungsabteilung Sprachschwierigkeiten oder Infarkte zu vermeiden, vermitteln bei FTI Head ofs oder Projektverantwortliche. Dabei unterscheiden wir Business Project Owner, die Forderungen aus den Fachabteilungen definieren, und die Technical Project Owner, die im Entwicklungsteam Lösungen suchen. Das funktioniert.
Was regt Sie an?
Eickelkamp: EIn CDO, der wie ich aus dem Vertrieb kommt, handelt umsatzorientiert, zahlengetrieben. Mich interessiert, wie wir Conversion Rates, Warenkorbwerte oder das Upselling im Zielgebiet steigern. Daten machen alles messbar, das ist der Charme der Digitalisierung. Wenn es um Kundennähe oder Personalisierung geht, setzen Facebook und Amazon Standards. Sicher, es ist leichter einen Rasenmäher zu verkaufen. Eine Reise ist ein komplexes Produkt, an dem meist mehrere Anbieter beteiligt sind, dabei sind Gebühren, Abflughäfen, Hotelkategorien und vieles mehr zu beachten. Und Kunden sind bequem. Bei Amazon können sie mit zwei Klicks einkaufen – die Buchung so einfach wie eine Bestellung zu machen, das ist jetzt die Herausforderung.
Wo geht es hin im Reisegeschäft?
Eickelkamp: Die Digitalisierung hat Vergleichbarkeit gebracht. Um diese zu durchbrechen, sind Exklusivitäten und Individualisierung gefordert. Wir bauen daher Kapazitäten auf, die wir als Veranstalter exklusiv besetzen. In den nächsten 24 Monaten werden wir die Zahl der Hotels auf 100 erhöhen, dazu mehr Chartervolumen und Angebote an Zielen einkaufen. In der Branche geht es heute zu wie an der Börse, Preise von Zimmern, Flügen, Mietwagen werden nicht mehr tages-, sondern oft schon stundenweise angepasst. Um Angebote sofort zum Kunden zu bringen, müssen die Systeme schneller werden. Die Preisstabilität von Reisen ist zwar nicht mehr existent, dennoch bleiben Kataloge für Kunden wichtig. Sichtbar verschmelzen Online- und Offline-Informationen, es wird auch nicht mehr nur online gebucht, FTI setzt daher auf Multichannel. Doch besser informierte Kunden erwarten, dass sie nahtlos, individuell angesprochen werden und im Reisebüro die gleichen Hinweise bekommen wie im Call Center, Internet oder im Shopping-TV.
Andreas Eickelkamp startete nach seiner Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann zuerst beim Teleshopping-Sender Hot (heute HSE24) und wechselte von dort als Abteilungsleiter Planning und Analysis zum Sender Sonnenklar.TV. Dort legte er den Grundstein für seine Karriere innerhalb der FTI-Gruppe: 2004 wurde er Director New Media der FTI-Tochter BigXtra, 2006 Geschäftsführer von Euivia Travel, 2008 übernahm er zudem die Leitung von BigXtra. Seit 2015 komplettiert Eickelkamp die Geschäftsführung der Reisegruppe. Als Chief Data Officer kümmert sich der heute 42-Jährige auch um den Multichannel-Vertrieb und ums Personal. Eickelkamp ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in München.
FTI Group: Dietmar Gunz gründet 1980 mit Partnern LAL-Sprachreisen und startet drei Jahre später mit Frosch-Touristik den Verkauf von Reisen. Bis 1995 entstehen unter dem Dach FTI weitere 13 Reisemarken. 2000 geht die Gruppe an Airtours, wird drei Jahre später aber zurückgekauft. Heute gehören zu FTI Veranstalter wie 5 vor Flug, BigXtra, Windrose, FTI Cruises und LAL, aber auch Vertriebsplattformen wie Sonnenklar.TV, Fly.de, FTI.de sowie Bettenbanken wie Youtravel oder Meetingpoint. Die Gruppe beschäftigt 7.000 Mitarbeiter, agiert in fünf Ländern, schickte 2017 rund 6 Mio. Menschen auf Reisen und erwirtschaftete so rund 3 Mrd. Euro Umsatz.
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