26.09.2023 – Kategorie: Digitale Transformation, Geschäftsstrategie
Buchhaltung: Wie künstliche Intelligenz Unternehmen entlasten kann
Generative KI hat das Potenzial, die Buchhaltung insgesamt zu revolutionieren. Zugleich wird die Tätigkeit der Buchhalter durch die Automatisierung sich wiederholender Arbeitsabläufe aufgewertet.
Angesichts zahlreicher Berichte, die den Verlust von Arbeitsplätzen durch künstliche Intelligenz postulieren, können Überlegungen von Unternehmen zum Einsatz dieser Technologie durchaus Ängste auslösen. Vor allem auf Tätigkeitsfeldern, bei denen noch viele manuelle Prozesse existieren, wie etwa in der Buchhaltung. Eine der bedeutendsten Fragen, die derzeit diskutiert werden, lautet daher: Werden ChatGPT und andere Formen generativer KI ganze Branchen beziehungsweise wirtschaftliche Betätigungsfelder wie den Buchhaltungsbereich ersetzen. Oder werden sie die menschliche Arbeit stattdessen aufwerten?
Wird generative KI die Buchhaltung ersetzen?
Generative KI wird einen nachhaltigen Einfluss auf die Buchhaltung und das Finanzwesen im Ganzen haben. Auch werden Unternehmen dadurch gezwungen sein, sich neue Tools und eine stärkere Automatisierung zu eigen zu machen. Generative KI wird zudem maßgeblich das Wirtschaftsgeschehen beeinflussen. Die Weltwirtschaft wird dadurch zwischen 2,6 und 4,4 Billionen US-Dollar pro Jahr wachsen. Dieses Wachstum ergänzt die 11 bis 17,7 Billionen US-Dollar, die Experten bereits der traditionellen KI in Schätzungen zuordnen. Auch wenn durch KI bis zu 27 Prozent der Arbeitsplätze automatisiert werden könnten, hat diese Automatisierung nicht zwangsläufig zur Folge, dass Arbeitsplätze verloren gehen.
Es bedeutet jedoch, dass die Unternehmen, die künstliche Intelligenz am besten einsetzen, in der Lage sein werden, ihre Mitarbeiter in der Buchhaltung mit Aufgaben zu betrauen, die im größeren Maß zur Wertschöpfung beitragen. Aufgaben, die nicht nur mit höherer Produktivität einhergehen, sondern voraussichtlich auch mit einem höheren Maß an Mitarbeiterzufriedenheit. Dies wiederum spielt Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels in die Hände. Denn dadurch können sie hochqualifizierte Arbeitskräfte in der Organisation halten und neue gewinnen.
Gelegenheiten nutzen, um generative KI einzusetzen
Standard-KI oder so genannte „Narrow“-KI ist im Buchhaltungssektor bereits jetzt weit verbreitet, von der Automatisierung von Datenverarbeitungsaufgaben bis hin zur Erkennung anomaler Transaktionen und Buchungen. Generative KI ist jedoch ein riesiger Sprung nach vorn. Diese hat das Potenzial, die Automatisierung einfacher Aufgaben bis hin zur Automatisierung ganzer Arbeitsabläufe voranzutreiben.
Large Language Models (LLMs), das Fundament generativer KI, werden auf Basis großer Mengen von Textinhalten trainiert, darunter Rechnungslegungsstandards und -vorschriften, Business Cases und bewährte Verfahren, aber auch Softwaredokumentationen. Durch dieses Training lernen LLMs auch, die Muster und Strukturen von Sprache zu verstehen, was zu dem großen KI-Durchbruch führt, der sich aktuell beobachten lässt. Narrow-KI agiert innerhalb streng definierter Arbeitsabläufe, die durch minutiöse Regeln definiert sind. Die generative KI kann jedoch die Anweisungen ähnlich wie ein Mensch verstehen und sämtliche Aktivitäten übernehmen, die zur Erfüllung einer Anfrage erforderlich sind. Ihre Fähigkeit, Computercode zu erzeugen und mit Software zu interagieren, setzt dieses Verständnis in die Tat um.
LLM-gestützte Assistenten verändern Buchhaltung
LLM-gestützte digitale Assistenten werden die Art und Weise, wie Buchhaltungsfachleute mit Technologie interagieren, maßgeblich verändern. Dies geschieht, indem verengte, schwer zu erlernende Benutzeroberflächen, die vordefinierte Menüs und komplexe Dateneingabeformulare erfordern, durch einfache Interaktion in menschlicher Sprache ersetzt werden. Man stelle sich einfach vor, Arbeitsabläufe könnten so vereinfacht werden, dass sie einer Anweisung an einem Menschen ähneln. Eine solch verbesserte Interaktion wird nicht nur die Produktivität steigern. Sondern auch die Arten von Aufgaben erweitern, die eine Buchhalterin oder ein Buchhalter übernehmen kann.
Und da diese digitalen Assistenten immer leistungsfähiger werden, werden sie auch zu Experten für das Verständnis und die Anwendung von Rechnungslegungsstandards. Sobald diese Fähigkeiten Teil der KI werden und diese somit sich wiederholende, zeitaufwändige Aufgaben wie die Bearbeitung von Rechnungen oder den Abgleich von Konten übernimmt, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Dadurch erhält die Buchhaltung die Möglichkeit, wertvollere Dienstleistungen wie eine strategische Beratung bei der Finanzplanung und der Kapitalallokation zu erbringen. Das Feedback aus der Buchhaltungs-Community dazu scheint positiv auszufallen: Sie sieht Chancen, wo viele nur eine Bedrohung wahrnehmen. Viele Buchhalterinnen und Buchhalter sind optimistisch, dass die Kombination aus generativer KI und vorausschauendem Denken ihren Berufsstand als vertrauenswürdiger Berater für Unternehmen erweitern wird.
Bedeutung menschlicher Verantwortung
Das Rechnungswesen ist ein Bereich, in dem Vertrauen von fundamentaler Bedeutung ist. Unternehmen sind darauf angewiesen, den Prüfungen und der Beratung durch die Buchhalterinnen und Buchhalter vertrauen zu können. Automatisierte Prozesse eigenen sich zwar für Routineaufgaben, aber die Verantwortung für die Ergebnisse – ein wesentliches Element der Buchhaltung – obliegt weiterhin den Menschen. KI ist nicht unfehlbar und kann zu ungenauen Ergebnissen führen, die Experten als Halluzinationen bezeichnen.
Dabei liefern die generativen KI-Algorithmen sachlich falsche Antworten, die zuweilen jedoch plausibel erscheinen. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass nicht die Technologie allein, sondern die Art und Weise, wie sie diese integrieren und verwalten, zu bestmöglichen Ergebnissen führt. Für die Buchhaltung bedeutet dies, dass Verantwortliche die Aspekte identifizieren müssen, bei denen die KI-Automatisierung die größtmöglichen Verbesserungen in puncto Arbeitsabläufe und -alltag der Angestellten ermöglicht.
Steigerung des strategischen Werts durch Buchhaltung
Erhalten die Angestellten in der Buchhaltung leistungsfähige LLMs, stellt man ihnen einen kaum zu überschätzenden, hyper-effizienten Recherche-Assistenten zur Seite. Dieser kann riesige Mengen an Informationen analysieren. Zudem liefert er kohärente, professionelle Ergebnisse, die sich strukturiert präsentieren lassen. Ein solcher KI-Assistent erlaubt es Buchhaltern, einen größeren strategischen Mehrwert zu erbringen. Und zwar, indem dieser sowohl die Quantität als auch die Qualität der Entscheidungsfindung verbessert. Die gleiche Fähigkeit zur Analyse kann auch Trends im Laufe der Zeit erkennen und aufzeigen, um die Prognose- und Planungsfähigkeiten zu verbessern.
Es lassen sich also zum Beispiel wiederkehrende Muster in den Cashflows erkennen. Dadurch können sich die Buchhaltungsteams auf die Spitzen- und Tiefstwerte der Aktivitäten vorbereiten. 47 Prozent der CFOs geben an, dass die Entwicklung von Prognosemodellen und Szenarioanalysen aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Ungewissheit für sie oberste Priorität genießt. Folglich erlaubt die Fähigkeit, detaillierte Prognosen zu erstellen, verknüpft mit breiteren Markttrends, Unternehmen widerstandsfähiger gegenüber wirtschaftlichen Herausforderungen zu werden.
Lösung für den Fachkräftemangel
Der anhaltende Fachkräftemangel und häufig eine Vielzahl von wechselwilligen Angestellten erhöhen den Druck auf die ohnehin schon überlasteten Finanzteams. Mehr als die Hälfte der weltweit beschäftigten Buchhaltungsfachleute planen, ihr derzeitiges Unternehmen bei ihrem nächsten Karriereschritt verlassen zu wollen. Ein Problem also, dass viele Unternehmen auf der ganzen Welt kennen. Buchhaltungs- und Finanzmanager stehen damit vor der Herausforderung, neue Talente zu rekrutieren. Und gleichzeitig sicherzustellen, dass sie ihre bestehende Belegschaft halten können. Hier kann generative KI helfen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Zum einen dadurch, dass sie den Arbeitsalltag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessert. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage berichteten 63 Prozent der Angestellten, die KI in ihre täglichen Aufgaben integriert haben, dass sie zufriedener sind und mehr Freude an ihrer Arbeit haben. Das bedeutet, dass die Integration von generativen KI-Tools die Karriere im Rechnungswesen für die Beschäftigten dieses Bereichs erfüllender machen kann. Zum anderen wird folglich eine solche Tätigkeit für potenzielle Talente attraktiver.
Buchhaltung bei KI-Einsatz an vorderster Front
Wirtschaftsprüfung spielt eine wichtige Rolle für die Gesellschaft und auch für die globale Wirtschaft. Sie sorgt für Vertrauen in den Markt und gilt gemeinhin als vertrauenswürdige Quelle für finanzielle Beratung. Im Bereich Buchhaltung und Wirtschaftsprüfung haben die Akteure die Möglichkeit, nicht nur die menschliche Arbeit zu verbessern. Sie können auch das gesamte Tätigkeitsfeld aufwerten. Neue KI-Technologien sollten daher zeitnah zum Einsatz kommen. Allerdings müssen die Verantwortlichen dabei Tempo und Entschlossenheit mit Umsicht und Bescheidenheit in Einklang bringen. In dieser neuen Ära der generativen KI werden Unternehmen, die in der Lage sind, KI effektiv einzusetzen und zu integrieren, die Gewinner sein. (sg)
Über den Autor: Aaron Harris ist CTO bei Sage. Das Unternehmen bietet IT-Systeme, die mehr Transparenz sowie flexiblere und effizientere Abläufe in den Bereichen Buchhaltung, Unternehmens- und Personalmanagement ermöglichen.
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