31.08.2018 – Kategorie: Recht
100 Tage DSGVO – eine Bilanz
Die DSGVO hat die Unternehmen viel Zeit und Geld gekostet. Und auch 100 Tage nach dem 25. Mai gibt es noch viele Unklarheiten, die die Umsetzung der Datenschutzregeln behindern.
Die DSGVO hat die Unternehmen viel Zeit und Geld gekostet. Und auch 100 Tage nach dem 25. Mai gibt es noch viele Unklarheiten, die die Umsetzung der Datenschutzregeln behindern.
Die Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat viele Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt. Nach einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom hatten drei von vier Unternehmen in Deutschland die Frist zum 25. Mai 2018 verfehlt.
„Auch jetzt noch sind bei weitem nicht alle Unternehmen mit der Umsetzung fertig. Die DSGVO hat die Unternehmen viel Zeit und Geld gekostet und bedeutet weiterhin jede Menge Arbeit“, sagt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung. „Schwierigkeiten macht vor allem, dass bei vielen Vorgaben nicht klar ist, was genau sie bedeuten. Nicht einmal die Datenschutzaufsichtsbehörden können sich bei bestimmten Regelungen auf eine einheitliche Auslegung einigen. Wie sollen Unternehmen sich da sicher sein, dass sie das Richtige tun?“, so Dehmel.
Kleinere Unternehmen überproportional getroffen
Gerade kleinere Unternehmen würden von den neuen Regelungen überproportional getroffen. Dehmel: „Durch die vielfältigen formalen Vorgaben müssen bestehende Prozesse umgestellt und neue Prozesse eingeführt werden. Das kostet gerade kleine Unternehmen ihre ohnehin schon knappen Ressourcen. Sie haben in der Regel auch keine eigene Rechtsexpertise, sondern müssen diese im Zweifel teuer einkaufen.“ So mache die Grundverordnung keine Unterschiede zwischen einem Startup, einem gemeinnützigen Verein oder einem internationalen Großkonzern. „Alle werden über einen Kamm geschoren. Hier und bei einer ganzen Reihe weiterer Punkte muss nachgebessert werden“, so Dehmel.
Folgen der DSGVO für Unternehmen
Ein Beispiel für den Mehraufwand sind die erweiterten Informationspflichten gegenüber den Kunden und Geschäftspartnern. Aus Sicht des Bitkom ist weder hinreichend sicher, dass die Bereitstellung der Informationen über einen Link auf eine Webseite ausreichend ist, noch ist klar, wie konkret und umfangreich die Informationen im Einzelnen sein müssen.
Für Webseiten galt auch vorher schon die Pflicht zur Bereitstellung einer Information über die Datenverarbeitung. Diese war jedoch nicht so umfangreich. Durch die Ausweitung der Regelung steht nun auch zur Debatte, wie die Informationspflicht bei alltäglichen Vorgängen wie Visitenkartenübergaben, E-Mailverkehr, Kundenkarten in Restaurants und Shops zu erfüllen ist.
In der Praxis schwierig umzusetzen ist auch das gänzlich neue Recht auf Datenportabilität. Laut DSGVO haben Personen das Recht, die Daten, die sie einem Verantwortlichen bereitgestellt haben, in einem strukturierten, gängigem und maschinenlesbarem Format zu erhalten oder an einen anderen Dienst senden zu lassen. „Für viele Unternehmen ist immer noch nicht geklärt, welche Daten davon umfasst sind und ab wann die Rechte anderer Betroffener verletzt werden könnten“, so Dehmel.
Wer ist für die Datenverarbeitung verantwortlich?
Aus Bitkom-Sicht verzögern sich derzeit Vertragsabschlüsse im Dienstleistungsbereich, weil sich die Vertragsparteien oft nicht einig sind, ob es sich um eine Verarbeitung im Auftrag handelt, für die der Abschluss einer speziellen Datenverarbeitungsvereinbarung notwendig ist, oder nicht. Hier gibt es unterschiedliche Sichtweisen, auch bei den Aufsichtsbehörden. Die Frage ist deshalb wichtig, weil personenbezogene Daten im Auftrag nur dann rechtmäßig verarbeitet werden können, wenn eine solche Vereinbarung abgeschlossen wurde. Handelt es sich dagegen um eine andere Konstellation, gelten wieder andere Voraussetzungen für die rechtmäßige Verarbeitung.
Dehmel: „Die Datenschutz-Grundverordnung hat in jedem Fall zu mehr Datenschutzbewusstsein bei Organisationen in Deutschland beigetragen. Ob die vielen Umstellungen und Formalia auch zu einem deutlich besseren und vor allem zukunftsgerichteten Datenschutz geführt haben, muss dagegen bezweifelt werden.“ Rechtsunsicherheiten beim Einsatz von Big-Data- und KI-Anwendungen seien auch mit der Verordnung nicht ausgeräumt worden. „Das Datenschutzrecht zu modernisieren und eine Balance zwischen Datenschutz und anderen berechtigten Interessen von Gesellschaft und Wirtschaft zu schaffen, bleibt weiter auf der Tagesordnung.“
Bitkom Privacy Conference
Um die Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung und um den datenschutzkonformen Einsatz neuer Technologien geht es unter anderem auch auf der Bitkom Privacy Conference am 27. September 2018 in Berlin. Erwartet werden 300 Datenschutzexperten aus Europa und den USA. Alle Informationen gibt es unter www.privacy-conference.com.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 505 für den Datenschutz verantwortliche Personen (Betriebliche Datenschutzbeauftragte, Geschäftsführer, IT-Leiter) von Unternehmen aller Branchen ab 20 Mitarbeitern in Deutschland befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.
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Ich arbeite bei DRACOON,
Ich arbeite bei DRACOON, einem deutschen Cloud-Hersteller. Wir sind daher vom Thema DSGVO unmittelbar betroffen. Natürlich gibt es noch viele Unklarheiten, aber wir denken, dass die DSGVO auch eine große Chance für Europa ist. Der erste Schritt – das Bewusstsein für Datenschutz – ist nun getan. Wir sind schon gespannt, zu welchen Ergebnissen die Experten auf der Bitkom Privacy Conference kommen.